Der zweite Band von Juliane Maibachs Seelenlos-Reihe war nicht so stimmig konzipiert und hat mich darum erst recht neugierig gemacht, ob der dritte Teil die Spannungskurve zum ersten wieder herstellen kann. 270 Seiten hat Regensilber, das letztes Jahr erschienen ist.
Nachdem Tares das Himmelsschwarz eingesetzt hat, glaubt Gwen, dass er und Malek bei der Explosion gestorben sind. Der einzige Hoffnungsschimmer in ihrer entsetzlichen Trauer ist die Möglichkeit, Tares wieder zu erwecken, sobald sie das Amulett zusammen gesetzt hat. Arsell und Niris sind bereit, ihr zu helfen. Doch während Gwens Hoffnungen in der magischen Welt erhört werden, muss sie bei ihrer Heimkehr erkennen, dass ihr Großvater ihr auch die Schatulle nicht ohne Grund vermacht hat. Ihre beste Freundin Fee ist in großer Gefahr.
Nicht vergessen
Ich finde es sehr interessant, dass die Handlung Gwen ausgerechnet hier in die menschliche Welt zurück bringt. Während es bisher so aussah, als wäre Gwens bisheriges Leben eher Vorgeschichte, wird es nun neu bekräftigt. Ihr Halt in die menschliche Welt reißt nicht, sondern knüpft sich neu, was für interessante Entwicklungen sorgt. Allgemein wird hierdurch die Fähigkeit, zwischen den Welten zu reisen in den Fokus gestellt. Das wirft aber auch Fragen auf. Zum Beispiel warum Gwen nicht öfter springt, gerade auch in brenzligen Situation. Hier ist eine eindeutige Schwachstelle, die sich durch die gesamte Reihe zieht. Aber eventuell ist die Begründung schlicht noch nicht gegeben.
Ein bisschen fühlt sich der Leser hier durch die schwankenden Entwicklungen hin und her gerissen. Auch Gwen springt schließlich zwischen Zutodebetrübt und Himmelhochjauchzend hin und her. Gut gefällt mir dabei, wie selbstsicher und dominant Gwen bei ihren Entscheidungen ist. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die auch ihre Selbstzweifel kennt. Das macht sie sehr sympathisch und sie schwankt nicht zwischen einer mächtigen Erbin oder einem schwächelnden Menschen hin und her, sondern geht ihren eigenen Weg.
Die andere Seite
Faszinierend fand ich, welchen Raum der Roman Maleks Sicht gewährt. Diese andere Seite erfährt dadurch Tiefe und Maleks ebenfalls. Die Fähigkeit, Grauschattierungen von Gut und Böse zuzulassen ist eine große Stärke der Reihe. Auch die Entwicklungen der einzelnen Figuren finde ich gut gemacht. Gerade Gwen lernt hier mit der Verantwortung umzugehen, die ihr Großvater ihr auferlegt hat und dennoch sich selbst treu zu bleiben. Amüsant finde ich vor allem Asrell und Niris, deren Neckereien immer wieder neue Verbundenheit erahnen lassen.
Dass Gwen und Tares in Regensilber endlich zueinander finden und ihre Beziehung auch körperlich wird, finde ich durchaus verständlich. Immerhin wurden die gegenseitigen Gefühle gut aufgebaut und gerade durch das Ende des zweiten Bandes besteht eine große Sehnsucht nach Nähe. Wenn das Körperliche bei der Hektik der Handlung jetzt nicht überhandnimmt, bin ich begeistert.