Frisch erschienen ist der vierte Teil der Seelenlos-Reihe von Juliane Maibach. 302 Seiten hat Schattennacht und sorgt für allerlei Umschwünge.
Gwen und Tares suchen mit Asrell und Niris weiterhin die Splitter des Amuletts. Es fehlen nur noch wenige. Was Tares einst Kalis angetan hat, behält Gwen für sich. Sie weiß, er leidet darunter und ihre Freunde könnten Tares seine Taten nicht noch einmal vergeben. Auf der Suche den Bruchstücken müssen die vier in verschiedene Reiche und auch wieder hinaus kommen. Doch dabei verfolgt sie nicht nur Malek, der auch Rache sinnt. Noch jemand ist ihnen auf den Fersen und will unter keinen Umständen von Rache absehen.
Gut durchdacht
Die Enthüllungen, die Kalis Gwen gemacht haben, finde ich im Hinblick auf das, was sie bereits über Tares weiß weniger schlimm, als es im Roman dargestellt wird. Gleichzeitig kam mir bereits da ein Gedanke, der sich am Ende dieses Buches als richtig herausstellt. Die gesamte Seelenlos-Reihe spielt immer wieder mit Erwartungen, Wiederholungen und Hinweisen, die sich über die Bände hinweg ziehen. Das zeigt, wie grundlegend sie konzipiert sind. Ich bin darum sehr gespannt, wie die Umbrüche des Endes sich im nächsten Band auswirken und ob die Schwäche des Spiegels, der eine einfache Lösung aus vielen Problemen sein könnte, noch thematisiert wird.
Sehr gefreut habe ich mich auf die tiefere Darstellung von Malek. Gwen erfährt nicht nur seine Geschichte, sondern er hilft ihr auch noch, ihrer eigenen wieder etwas mehr auf die Spur zu kommen. Auch hier bin ich äußerst gespannt, wie sich der Antagonist noch verändert und ob Gwen aus dem was ihr Großvater einst mit Tares gemacht hat, eine Möglichkeit für Malek sieht.
Viele Blickwinkel
Die verschiedenen Blickwinkel erlauben aber auch einen äußeren Blick auf Gwen zu bekommen, die sonst meist im Mittelpunkt steht. Hier ist für mich gerade Kalis‘ Sicht interessant, die sich gleichzeitig in Gwen versetzen kann und dennoch gerade dadurch ein verzerrtes Bild gewinnt. Hier wird dem Leser suggeriert, dass auch sein Bild lediglich ein verzerrtes ist und gerade das fasziniert mich. Es werden unendliche Möglichkeiten eröffnet und Spannung aufgebaut.
Interessant war, wie politisch Schattennacht doch ist. Bereits seit Himmelsschwarz, als Gwen ausgebildet wurde, ist die Anspannung zwischen den unterschiedlichen Herrschern deutlich und auch, dass Gwen hier eine besondere Rolle spielt. Wer nun genau die Fäden bei dem Diebstahl der Schatulle in der Hand gehalten hat, bleibt abzuwarten. Ich bin mir sicher, dass auch hier die Reihe Tiefe beweist und mit dem Vorstellungen von Gut und Böse spielt. Das hat mir bisher auch gefallen und ich hoffe darauf.
Sex schwächt
Weniger gelungen fand ich, welche Bedeutung das körperliche Zusammensein von Tares und Gwen einnimmt. Immerhin haben die zwei Begleiter, die ständig da sind und ein festes Ziel vor Augen. Noch dazu passt die aufkeimende Erotik – und mehr ist es dann zum Glück auch nicht – kaum in den ansonsten stimmigen und spannenden Stil. Natürlich haben die zwei als Erwachsene, die zusammen sind, Sex. Aber das muss ja nicht in gefühlt jedem zweiten Kapitel in Schattennacht stehen.
Mein Problem dabei ist, dass gerade Tares hier irgendwie zur dauergeilen Kerl mutiert, dessen Eigenheiten in den Hintergrund treten. Irgendwo zwischen superstark, extrem schuldbewusst und spitz wie Nachbars Lumpi fehlt Tares das, was ihn gerade am Anfang so interessant gemacht hat. Charakter. Ein Problem, dass auch der neue Fokus auf Malek und Kalis erzeugt. Aber auch eines, das die ganze Geschichte an Kraft kosten kann. Da die Reihe solche Lücken bisher in dem jeweils nächsten Band geschlossen hat, bin ich nun umso gespannter, ob Tares dann wieder an Tiefe gewinnt.