Ida und die Welt hinterm Kaiserzipf – Linda Schwalbe und der späte Mut

Gerade wurde Linda Schwalbes Ida und die Welt hinterm Kaiserzipf den Serafina Nachwuchspreis gewonnen. Der Preis geht jährlich an Illustrator:innen von Kinder- und Jugendbüchern. Im Falle von Linda Schwalbe ist hier Autorin und Illustratorin die gleiche Person, insofern zählt das Buch auch für #WirlesenFrauen. Danke an den Nord Süd Verlag für mein Rezensionsexemplar.

Das Cover zeigt die Zeichnung der jungen Ida, die mit einem Fernsglas in die Weite blickt. Darum sind weiße Blütenblätter, eine alte Schmuckschatulle und ein Zinnkreisel angeordnet.
Ida und die Welt hinterm Kaiserzipf von Linda Schwalbe

Idas Traum

Ida Pfeiffer träumte schon als Kind davon die Welt zu bereisen und neue Insektenarten zu entdecken. Doch ihre Mutter drängte sie Anfang des neunzehnten Jahrhunderts zu einer standesgemäßen Erziehung für Mädchen und einer ebenso standesgemäßen, aber auch unglücklichen Ehe. Erst als ihre eigenen Kinder, die sie allein aufgezogen hatte, erwachsen waren, entdeckte Ida ihren Traum neu und wagt das in ihrer Zeit undenkbare. Als erste Frau der westlichen Moderne reiste sie um die Welt – ohne Vermögen und allein. Doch damit nicht genug. Sie veröffentlichte ihre Reiseberichte und wurde eine berühmte Reiseschriftstellerin, deren Werke in mehrere Sprachen übersetzt wurden.

Von ihrem Leben und ihrem Traum erzählt Ida und die Welt hinterm Kaiserzipf. Der große Tatendrang und die Abenteuerlust der jungen Ida werden wunderbar dargestellt, auch das langsame, aufgezwungene Vergessen stellt Linda Schwalbe grafisch deutlich dar. Umso bunter und lebhafter werden die Illustrationen, als Ida ihren Traum wiederentdeckt und ihrem Herzen folgt. Sie wird als Anführerin und Forscherin dargestellt, als offen gegenüber anderen Kulturen und wissbegierig. Auch in Wirklichkeit haben Ida Pfeiffers Reisen, ihre Forschungen und Funde einen wichtigen Beitrag geleistet.

Vergessen, aber nicht verloren

Ich habe das Buch meiner Siebenjährigen gegeben, die zunächst zwiegespalten war. Es hat ihr zu denken gegeben, dass Ida ihren Traum, die Welt zu entdecken, einfach so vergessen konnte. Ich finde gerade diesen Punkt eine wichtige Botschaft: Dass es nie zu spät ist, den eigenen Weg zu gehen. Ida war über 40, als sie die Möglichkeit fand, ihren Traum Realität werden zu lassen. Manchmal zwingen uns die Lebensumstände dazu, einen Umweg zu nehmen, doch Ida hat dennoch auf ihren Weg zurückgefunden. Wir konnten diesen Teil des Buches nutzen, um darüber zu reden. Über die Erwartungen an Frauen damals und heute, aber auch darüber, dass manche Träume aus gutem Grund immer wieder zu uns zurückkehren.

Linda Schwalbes Zeichnungen sind farbenfroh und kindgerecht. Mit weichen Konturen und manchmal auch schemenhaft lässt das Buch Platz für kindliche Vorstellungen und zeigt doch deutlich Idas hervorgehobene Rolle. Ida selbst schlüpft in die Rolle der Erzählerin, was ich ein wichtiges Zeichen für junge Leser:innen finde. Sie sind selbst die Erzähler:innen ihrer Geschichte. Ich finde, die Bilder laden auch ein, selbst kreativ zu werden, Idas Geschichte mit Wasserfarben nachzumalen oder ihre Reisen zu gestalten. Und es zeigt ihnen, dass auch vergessene Ziele manchmal erreicht werden.

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