Eine Familie macht Karriere – Ines Witka

Auf der Frankfurter Buchmesse habe ich dieses Jahr einige interessante Bücher entdeckt. Eines davon ist Eine Familie macht Karriere von Ines Witka, bereits 2013 erschienen bei Gatzanis mit 176 Seiten.

Eine Familie macht Karriere von Ines WitkaDarin hat die Autorin Interviews mit Paaren, die sich um eine gleichberechtigte Beziehung mit „Karriere, Kinder und Liebe“ (so der Untertitel) bemühen. Darunter sind Menschen, die erst im zweiten Anlauf den Partner gefunden haben, der die Lebenseinstellung teilt, aber auch jene, die sich schon früh verliebt haben und sich gemeinsam entwickeln können. Gelungen ist, dass keinesfalls alles immer einfach und leicht dargestellt wird, sondern die unterschiedlichen Paarte mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert werden.

Finanzielle Probleme wie Hürden der Arbeitswelt, Zeitmangel, Kinderbetreuungsspagat und Haushaltspflichten werden dabei ausführlich angesprochen und die detaillierten Interviews tragen viel Subtext, der manchmal noch eine andere Note einfügt, als die Worte per se suggerieren könnten. Eine Frau, die immer wieder darauf zu sprechen kommt, das ihr Mann zwar oft meckere, sie aber dennoch unterstützt, hat vielleicht mit viel Bedacht Worte gewählt, die ihren Mann immer wieder gut darstellen lassen, die immer wieder auftretende Schwierigkeit, ihren Mann tatsächlich an ihrer Seite zu wissen, kommt aber ebenso deutlich rüber.

Einen wichtigen Beitrag zu den Interviews trägt das Thema Beziehung als solche, auch Sexualität wird dabei angesprochen, allerdings nur am Rande. Im Fokus steht statt dessen die Bedeutung des richtigen Partners für den beruflichen Erfolg der (Ehe-)Frau und Mutter. Fast bekam ich dabei den Eindruck, der ehemals weiße Ritter in glänzender Rüstung wurde durch einen Typus Mann ersetzt, der die Frau mit Kindern und Karriere unterstützt, der aber genauso essentiell ist. Alleinerziehende, so kommt schnell rüber, können es also gar nicht schaffen. Das mag auf den ersten Eindruck durchaus richtig sein, hat aber für meinen Geschmack die Heroisierung des Mannes als Erfolgsfaktor der Frau zur Folge, wohingegen der Mann ja seiner Frau als Unterstützung nicht bedarf – er hat ja schon vorher Karriere gemacht.

Dass die Interviewpartner gut durchmischt waren und dadurch ein breites Bild an Möglichkeiten und Gründen für eine gleichberechtige Partnerschaft erzeugt wurde, fand ich sehr gut. Auch das den Problemen und Schwierigkeiten genügend Raum eingeräumt wurde, finde ich sehr wichtig. Keiner der Interviewpartner sagte: „So einfach ist es“, sondern jeder zeigte seine eigenen Problempunkte auf und bot gleichzeitig Lösungsansätze für andere, die gleichsam nicht universell sind. Angenehm fand ich auch, dass einige Interviews mit den Vätern geführt wurden, andere mit beiden Elternteile und wieder ein paar nur mit den Müttern, so gab es auch hier ein gut durchmischtes Bild und diverse Ansätze.

Aus meiner Sicht erschrecken ist, dass sich seit 2013 wenig an der Situation geändert hat. Noch immer sind Betreuungsplätze Mangelware, Väter werden benachteiligt, wenn sie zugunsten ihrer Familie zurückstecken und beispielsweise Elternzeit nehmen, Frauen werden auch weiterhin schon benachteiligt, weil sie per se das Potential einer Mutterschaft mit sich tragen, die Dimensionen von Männlichkeit und Weiblichkeit haben noch keine Wandlung durchgemacht und unser Geschlechterverständnis unterteilt noch strikt zwischen den beiden Geschlechtern, die wir mehrheitlich kennen.

Was dabei oft schon in diesen Interviews durchschimmerte war das neue Verständnis für persönlichen Erfolg und Glück, denn nicht immer ist das einzige Lebensziel im „immer höher und weiter“ der Karriereleiter zu sehen, sondern die Erfüllung im Leben neben der Arbeit war das, was viele der Paare immer wieder zusammenhielt, antrieb und Wege fand, den eigenen Kurs durchzusetzen. Ein Buch, das für alle, die sich für die Familie in unserem Land und die gleichberechtigte Partnerschaft im Besonderen interessieren, gut geeignet ist.

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