Der #WirlesenFrauen-Neujahrskalender präsentiert euch vom 1.12.2019 bis zum 6.1.2020 63 Autorinnen und ihre Werke. Lernt neue Schriftstellerinnen kennen und findet großartigen Lesestoff! Heute bei mir: meine Nornenschwester Diandra Linnemann.
Leider doch nicht überflüssig
Schreibtrieb: Liebe Diandra, wir engagieren uns beide im Nornennetz und wollen Autorinnen stärken. Was bedeutet „Feminismus“ für dich?
Diandra Linnemann: Als ich jung und frisch von zuhause kam, dachte ich, Feminismus sei überflüssig. Mein Vater erledigte ohne Murren einen Großteil der Hausarbeit, wir Schwestern (vier Stück!) hatten alle gelernt, wie man kocht und einen Reifen wechselt, und unsere Ansichten waren in der Familie genau so wertgeschätzt wie unsere Freiheiten. Tja, und dann betrat ich die echte Welt. Meine Güte, war das ein „Spaß“ … von den Schwierigkeiten, die ich als Assistentin des Hausmeisters im Studentenwohnheim hatte („Sind Sie sicher, dass der Mieter Sie respektieren wird?“ – „Haben Sie schon einmal mit einem Schraubenzieher gearbeitet?“) bis hin zur grenzenlosen Empörung, als ich in Sprachwissenschaften vorschlug, man könne einfach das generische Femininum verwenden. Ich bin nicht immer die Schnellste, aber so allmählich dämmerte mir, dass Feminismus nach wie vor eine gute und wichtige Sache ist. Ich hoffe, dass irgendwann gleiche Chancen, Rechte und Pflichten für alle Realität sind. Dann höre ich auch sofort auf, mit dem Thema zu nerven, versprochen.
Schreibtrieb: Dito. Wie ist das Verhältnis Autor/Autorin in deinem Bücherregal?
Diandra Linnemann: Seit ich bewusst darauf achte, kaufe ich fast nur noch Bücher von Autorinnen. Dadurch hat sich das Verhältnis stark gebessert.
Neue Lieblingsautorin
Schreibtrieb: Darum ist es auch so wichtig, dass wir einen Blick dafür bekommen.Glaubst du, Frauen schreiben anders als Männer und andere?
Diandra Linnemann: Nicht grundsätzlich, aber wahrscheinlich sekundär aufgrund ihrer Erfahrungen. Ich würde allerdings nicht pauschal urteilen, dass Frauen die besseren Liebesromane und Männer die blutrünstigeren Horrorgeschichten schreiben, das ist einfach Blödsinn.
Schreibtrieb: Empfiehl uns bitte das Buch einer Autorin.
Diandra Linnemann: Im Sommer 2018 habe ich durch Zufall auf dem Flughafen in Dublin zwei Bücher von Frances Hardinge gefunden, aufgrund der hübschen Cover gekauft und im Flugzeug auf dem Weg nach Hause zu lesen begonnen. Sobald ich zuhause ausgepackt hatte, habe ich ihre anderen Bücher bestellt. Sie hat sich direkt in die Top Fünf meiner Lieblingsautor*innen geschrieben – neben Neil Gaiman, Terry Pratchett, Margaret Atwood und Gabriel García Marquez.
Die Spinne im Weihnachtsbaum
Schreibtrieb: Was macht dich zum Grinch?
Diandra Linnemann: Alles. Ich bin riesiger Halloween-Fan und mag allein deswegen Weihnachten nicht – wenn Weihnachten kommt, werden die Totenschädel aus der Wohnung geräumt. Und das ist nicht okay. Jedes Jahr versuche ich, ein paar gruselige Dekorationen in unsere Weihnachtslandschaft zu integrieren. Einmal hängte ich unsere riesige Drahtspinne Heidi in den Baum. Mein Partner ist sehr geduldig mit mir.
Schreibtrieb: Na, so eine Spinne im Baum wirkt doch sehr realistisch. Schreibst du nach (Zeit-)Plan?
Diandra Linnemann: 2018 hatte ich einen ziemlich strikten Zeitplan – drei Romane sollten fertigwerden, das große Finale meiner Urban-Fantasy-Reihe. Für 2019 hatte ich mir „nur“ zwei Romane vorgenommen, und „nur“ in der Rohfassung. Die erste wurde auch fertig wie geplant, aber dann kam das Leben dazwischen, und im Oktober habe ich nicht ein einziges Wort weitergeschrieben. Mal schauen, ob ich im November wieder reinkomme, dann könnte das noch klappen. Bergab mit Rückenwind. Aber ich bleibe Optimistin.
Schreibtrieb: Eine gute Einstellung.Was passiert, wenn du beim Schreiben die Zeit vergisst?
Diandra Linnemann: Da ich meistens morgens vor der Arbeit schreibe – ich komme zu spät. ^^
Trefft Bob
Schreibtrieb: Ich hoffe, die Chefetage hat Verständnis. Woran schreibst du gerade?
Diandra Linnemann: Eine Komödie über einen Menschen und eine Dämonin, die sich scheiden lassen wollen. Allerdings ist die Dämonin verschwunden, und um sie verlassen zu können, muss ihr Mann sie erst einmal finden. Dabei hat er die Hilfe von seinem besten Kumpel, seiner verhassten Schwiegermutter, und der liebenswerten Trollcousine. Ich bin gespannt, wie es ausgeht.
Schreibtrieb: Welches ist deine liebste Figur aus deinen Büchern?
Diandra Linnemann: Ich mag Bob, den Außerirdischen aus Andrea die Lüsterne und die lustigen Tentakel des Todes. Er hat als Außenstehender natürlich einen ganz anderen Blick auf die moderne Gesellschaft und konnte eine Menge Fragen stellen, auf die ich keine Antwort habe.
Schreibtrieb: Wem sollte man deine Bücher schenken?
Diandra Linnemann: Wenn man sie mag, allen anderen Lesern, die man kennt. Wenn man sie nicht mag, seinen Feinden.
Schreibtrieb: Liebe Diandra, es war sehr kurzweilig mit dir, das können wir gerne wiederholen. Zum Abschluss noch schnell ein paar Assoziationsfragen, okay?
Mit Sahne oder ohne: ohne
Tee oder Kaffee: KAFFEE!!!!
Heizung oder Kamin: Heizung. Unromantischer, aber besser für die Umwelt.
Löwe oder Wolf: Wolf
Besuch aus dem All
Diandra Linnemanns Roman Andrea die Lüsterne und die lustigen Tentakel des Todes könnt ihr gleich besser kennenlernen. Ich habe nicht nur eine Leseprobe für euch, Diandra selbst will heute auch noch ein Video einstellen (also schaut schnell bei ihr vorbei). Einen Bob für euer Bücherregal könnt ihr bis 31.12.19 gewinnen, wenn ihr mir verratet, was ihr machen würdet, wenn ein Außerirdischer in eurem Garten landet.
ANDREA DIE LÜSTERNE UND DIE LUSTIGEN TENTAKEL DES TODES
Verdammt! Da freut sich Andrea eigentlich auf eine heiße Nacht mit dem Typen aus dem Supermarkt und dann findet sie stattdessen ein Alien im Keller. Dieser Oktopus für Arme spioniert doch tatsächlich die Erde aus, um eine interstellare Invasion vorzubereiten! Der hat sie doch nicht mehr alle! Das kann Andrea natürlich nicht erlauben. Glücklicherweise hält sich das Tentakelwesen selbst für einen begnadeten Komiker und träumt von einer Karriere im Fernsehen. Dafür würde er sogar seine Pläne zur Kolonialisierung der Erdenbewohner aufgeben. Andrea bleibt nur eine Wahl: Sie muss die lustigen Tentakel des Todes groß rausbringen und so die Welt retten.
Produktinformation
Taschenbuch: 388 Seiten
Verlag: Chaospony Verlag; Auflage: 1 (14. Oktober 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3981870336
ISBN-13: 978-3981870336
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 15 Jahren
Größe und/oder Gewicht: 12,5 x 2,2 x 18,5 cm
Rezensionen: Susi Leseecke und bei das Bücherregal
Mitwisser
Alles war perfekt. Der Kuchen prangte in der Mitte des
Wohnzimmertisches, schokoladentraumbraun auf einem roten Teller. Daneben hatte
Andrea Platz für die gute Kaffeekanne gelassen, die im Moment noch auf der
Anrichte in der Küche vorwärmte. Sie hatte das hübsche Geschirr ihrer
Großmutter aus dem Schrank geholt, das man nicht in den Geschirrspüler stecken
konnte und das sie deswegen nur zu besonderen Gelegenheiten benutzte. Ob Sven
merken würde, dass sie sich solche Mühe gegeben hatte?
Bob saß hibbelig in der Sofaecke – dahin hatte sie ihn verbannt, damit er
nichts durcheinanderbrachte. Es reichte, dass ihre eigenen Hände vor Nervosität
zitterten und die Teller auf dem Couchtisch klirren ließen. Bis jetzt war Sven
immer der Verrückte in ihrer Freundschaft gewesen, und sie die Rationale, die
sich über seine abgedrehten Ideen und Pläne lustig machte. Und jetzt musste sie
ausgerechnet ihn um diesen Gefallen bitten – und das auch noch, nachdem sie
beim letzten Treffen gestritten hatten. Aber wer, wenn nicht Sven, würde ihr
diese hanebüchene Geschichte glauben? Außerirdische mit einer Vorliebe für
Harzer Käse, bevorstehende Invasion … wären die Rollen vertauscht, würde sie
ihn womöglich direkt einweisen lassen.
„Denk dran“, erinnerte sie Bob, „du musst gleich völlig still sitzen, bis ich
dir Bescheid sage. Sonst ruinierst du alles!“
„Glaubst du, Sven macht mit?“, zirpte Bob aufgeregt. Seit sie ihm mit dem
Casting den Mund wässrig gemacht hatte, war er kaum noch zu bremsen.
„Ich hoffe es“, seufzte Andrea und rückte das Besteck zurecht. Sie warf einen
raschen Blick auf die Uhr – natürlich verspätete sich Sven. Das war eine seiner
Spezialitäten. Eine halbe Stunde hatte sie bereits eingeplant, das war normal
für ihn. Die Zeit hatte gereicht, dass der Schoko-Cappuccino-Kuchen auskühlen
konnte, ehe sie ihn mit Puderzucker bestäubt hatte. Aber jetzt war Sven bereits
beinahe eine Stunde zu spät dran. Ein Glück, dass sie den Kaffee noch nicht
aufgebrüht hatte. Bethari hatte ihr ein Päckchen von dieser indonesischen
Kaffeespezialität mitgebracht, die mit Hilfe von Katzen … nun ja, veredelt
wurde. Jedenfalls wäre es eine Schande, wenn der verkam. Aber vielleicht konnte
sie Sven mit diesem Aufgebot gnädig stimmen, er war weltlichen Genüssen selten
abgeneigt. Sie griff nach den Streichhölzern, zündete die Kerze an und löschte
sie direkt wieder. Das war vielleicht zu viel des Guten.
Endlich klingelte es an der Tür. Bob zuckte zusammen und quiekte vor Aufregung.
Andrea warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Denk dran – bis ich dir Bescheid
sage, darfst du dich nicht rühren!“ Dann ging sie in den Wohnungsflur und
betätigte den Summer für die Haustür.
Sven gähnte herzhaft, als Andrea ihm öffnete. „Hi! Meine Mutter mästet mich die
ganze Zeit mit Braten und Kartoffeln, ich fall gleich ins Suppenkoma. Was
geht?“
Andreas Lächeln fror ihr in den Mundwinkeln fest. „Ich hoffe, du hattest
zumindest noch kein Dessert? Ich habe nämlich für dich gebacken!“
„Kuchen geht immer“, beschied Sven und schlüpfte aus seiner Jacke. Er hängte
sie an die überquellende Garderobe und ging Richtung Wohnzimmer.
„Ich komme sofort nach, will nur schnell den Kaffee aufbrühen!“ Andrea
widerstand der Versuchung, vorher noch einmal nach Bob zu sehen. Das musste
jetzt einfach klappen. Sie brachte das Wasser zum Kochen und goss es in ihre
Stempelkanne. Während der indonesische Kaffee zog, spülte sie die Kaffeekanne
noch ein letztes Mal mit heißem Wasser aus und befüllte sie. Dann kehrte sie
mit ihrer duftenden Last ins Wohnzimmer zurück. „Bethari hat mir Kopi Luwak
mitgebracht!“
„Hast du im Lotto gewonnen oder willst du meine Niere?“, fragte Sven und
musterte sie misstrauisch. „Beim letzten Mal warst du nicht so nett.“
„Dafür wollte ich mich noch einmal entschuldigen.“ Vorsichtig stellte Andrea
die Kanne ab. „Ich war an dem Abend nicht gut drauf. Das war alles etwas
hektisch.“ Sie schnitt den Kuchen an. „Zum Glück konntest du ja doch bei deinen
Eltern unterkommen.“
„Von wegen Glück“, brummte Sven und goss sich Kaffee ein. „Seit die mich in die
Finger gekriegt haben, planen sie ein großes Familienfest, damit wir mal wieder
alle zusammenkommen. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich am Bahnhof
übernachtet.“
„Die freuen sich halt, dass du da bist“, antwortete Andrea. Als sie seine
gerunzelte Stirn bemerkte, wechselte sie rasch das Thema. Heute konnte sie es
sich wirklich nicht leisten, Sven zu verärgern. „Was gibt es sonst Spannendes
zu erzählen?“
Svens Kaffeetasse verharrte auf halbem Weg zu seinem Mund. „Okay, raus damit.
Was ist hier los?“
„Nichts, ich wollte mich nur ein wenig nett mit dir unterhalten.“ Andrea merkte
selbst, dass ihre Stimme merkwürdig klang. Sie versuchte ein Lächeln, aber es
verrutschte. Sie sah auf ihre Hände hinunter. „Ich … ich muss dich um einen
Gefallen bitten. Du erinnerst dich an Bob?“ Sie wies auf das Tentakelwesen, das
zu ihrer Erleichterung noch immer völlig reglos in der Ecke saß.
„Sicher, dein Erwachsenenspielzeug. Was ist damit?“
„Nun … also … Bob ist kein Spielzeug. Er ist ein … Außerirdischer.“
„Wie bitte?“ Sven beugte sich vor.
„Er ist ein Außerirdischer!“, wiederholte Andrea. Sie leckte sich die Lippen.
„Bob, du kannst dich bewegen.“
Sven drehte den Kopf und beobachtete Bob.
Der tat … nichts.
„Halluzinierst du? Hast du zu viel Muskatnuss in den Kuchen getan?“, fragte
Sven und stellte seine Kaffeetasse zurück auf den Tisch.
Andrea ignorierte ihn. „Bob, jetzt komm schon!“ Aber der regte sich immer noch
nicht. Was zum Henker war mit ihm los?
„Ich glaube, du brauchst etwas Ruhe. Mir scheint, du arbeitest zu viel.“ Sven
warf ihr einen schrägen Blick zu und stand auf. „Ich gehe lieber mal bei
Henning vorbei, der hat vielleicht ein paar Bier über.“
„Nein, warte!“ Andreas Herz sprang ihr in die Kehle. Sie griff nach der
Kuchengabel, die neben ihrem unberührten Teller lag, und pikste Bob mit dem
stumpfen Ende in die Seite.
Empört machte Bob einen Satz – und Sven gleich mit.
„Was soll das?“, fragte Bob – und Sven: „Was ist das?“
„Einer nach dem anderen!“, rief Andrea. „Bob, warum hast du dich nicht bewegt?“
„Du hast das Codewort nicht benutzt!“, empörte der sich und wedelte mit seinen
Zeigetentakeln.
„Das Codewort?“ Andrea war ratlos. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen,
und sie begann zu lachen. „Natürlich, dir Bescheid!“
Sven sah von Bob zu ihr und wieder zurück. Sein Gesicht hatte die Farbe von
frischem Harzer Roller angenommen. Vorsichtig wich er einen Schritt Richtung
Tür. „Ich weiß gerade nicht, ob ich dich oder doch eher mich einweisen lassen
soll.“
„Eigentlich hatte ich eine ganz andere Bitte“, setzte Andrea erneut an. „Komm,
setz dich wieder zu mir.“
Sven schien nicht überzeugt. „Und du bist sicher, dass dieses … Ding mir nichts
tut?“
Andrea schnaubte. „Das ist kein Ding, das ist Bob.“
„Ein komischer Name für einen Außerirdischen.“ Sven näherte sich dem Sofa und
den beiden ungleichen Wesen, die darauf saßen, so vorsichtig, als rechne er
jeden Moment mit einem tödlichen Angriff. Er ließ sich beinahe in Zeitlupe
nieder und griff nach einem Teller mit Kuchen – und einer Kuchengabel, die er
im Zweifelsfall als Waffe nutzen konnte. „Gut, ich sitze. Worum geht‘s?“
Andrea atmete tief durch. „Was hältst du von Castingshows?“
Huhu,
was für eine coole Geschichte..Danke für das Vorstellen und gerne schon mal gemerkt.
Allen ein frohes Fest..LG..Karin..