Nur wer sichtbar ist, findet auch statt – Tijen Onaran und das Social Me

Wer sich auch nur ein bisschen mit Social Media beschäftigt, kommt dieser Tage um Nur wer sichtbar ist, findet auch statt von Tijen Onaran, erschienen bei Goldmann, nicht herum. „Werde deine eigene Marke und hol dir den Erfolg, den du verdienst“, ist dem Titel beigestellt. Ein Lockruf für Menschen, die sich eine digitale Persönlichkeit schaffen wollen, sei es nun aus beruflichen oder privaten Gründen. Danke an der Stelle für mein Rezensionsexemplar. Als Sachbuch passt der Titel für Aufgabe 9 von #wirlesenFrauen.

Auf dem Cover ist die Autorin Tijen Onaran abgebildet
Nur wer sichtbar ist, findet auch statt von Tijen Onaran

Tijen Onaran: Wissen aus Erfahrung

Tijen Onaran baut ihr Buch an ihrer eigenen Geschichte auf, die mit ihrer politischen Aktivität bei der FDP beginnt. Damit ist die Autorin zumindest politisch relativ weit von mir entfernt. Wie sieht es aber mit den tatsächlichen Inhalten des Buches aus? Immer wieder werden kleine Anekdoten eingefügt, die ihre Erklärungen und Meinungen unterstützen sollen. Denn, das macht Tijen Onaran direkt am Anfang klar, sie hat ihr Wissen aus Erfahrung gewonnen. Beispielsweise aus ihrer Arbeit mit ihrem Unternehmen Global Digital Woman, das sich für Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche einsetzt.

Vom Aufbau her ist Nur wer sichtbar ist, findet auch statt, zunächst ein Buch, das hilft, sich seiner eigenen Kernthemen bewusst zu machen. Mit kleinen Aufgaben gibt die Autorin dabei Hilfestellungen. Damit geht sie über übliche Methoden hinaus, verknüpft andere und bleibt dabei doch relativ nachvollziehbar und simpel. Selbstsicht wird mit Fremdsicht erweitert und die Intention des Buches auch immer wieder abgegrenzt. Das Social Me, das Tijen Onaran ansprechen will, sieht sie beispielsweise im Gegensatz zur Inszenierung mancher Influencer. Persönlichkeit und Fehler gehören hier zum Paket dazu. Die Imperfektion als Vollendung des digitalen Selbst, dass immer noch nicht deckungsgleich mit dem analogen ist.

Essenz und Zielgruppen bei Tijen Onaran

Da das Buch sowohl Menschen ansprechen soll, die sich erstmals mit dem Thema beschäftigen oder solche, die schon mehr Erfahrung haben, gleichzeitig aber auch für Studenten und solche mit viel beruflicher Erfahrung geeignet genannt wird, gibt es immer wieder Passagen, die auf mich redundant wirken. Die kurzen Zusammenfassungen am Ende der Kapitel fand ich dabei sehr hilfreich, um die Essenz festzuhalten. Auch Einschübe können als Merksätze oder Ergänzungen erscheinen. Sie unterteilen den Text in Sinnabschnitte, zeigen aber auch die Essenz der Kapitel.

Auch dadurch versucht das Buch nicht nur eine Zielgruppe anzusprechen. Denn ein Überfliegen wird so erleichtert, die wichtigen Stellen deutlich gemacht. In Kombination mit den Aufgaben, die eine direkte Anwendung ermöglichen, wird daraus mehr als ein Sachbuch. Es ist eine eingängige Mischung aus Sachbuch, Erfahrungsbericht und Workbook. Dabei hilft es nicht nur, die eigene Fokussierung des Social Me zu festigen, sondern auch den Umfang mit digitalen Medien in einem gewissen Umfang zu verstehen.

Was fehlt

Manche Punkte wurden aus meiner Sicht ausgelassen. So gibt Tijen Onaran den absolut richtigen Tipp, dass sich Einsteiger bei Social Media zunächst auf einen Kanal beschränken sollten, aber die einzelnen Besonderheiten der verschiedenen Möglichkeiten wurden ausgelassen. Ein weiteres Problem ist, dass weitere Bezüge fehlen. Dadurch, dass Nur wer sichtbar ist, findet auch statt sich maßgeblich aus durch Erfahrung erlerntes Wissen auszeichnet, fehlen Quellen und weiterführende Literatur. Natürlich ist die Welt der sozialen Medien eine junge und sich permanent wandelnde, trotzdem gibt es Literatur und Internetseiten, die hier sinnvoll gewesen wären. Außerdem beschäftigt sich das Buch neben dem digitalen Selbst auch mit Personal Branding, das die analoge Selbstdarstellung mit einbezieht. Hier werden definitiv Dinge ausgelassen oder stark verkürzt.

Interessant wäre, zumindest in einem Nebensatz, die Bedeutung von Sichtbarkeit gerade für diskriminierte Gruppen lesen zu können. Dass der Punkt, obwohl Tijen Onaran mit Global Digital Woman ja genau das macht, nahezu ausgelassen wird, fand ich sehr schade. Hier hätte man ja gar kein Fass aufmachen brauchen. Allein die Möglichkeit, sich durch die digitale selbstgewählte Darstellung akkurat zu repräsentieren, was in anderen Bereichen nicht funktioniert, hätte deutlich dastehen müssen.

Guter Einstieg

Es gibt einige klare Kritikpunkte, die ich an Nur wer sichtbar ist, findet auch statt, habe. Dennoch finde ich das Buch wichtig und sinnvoll. Es holt eine breite Zielgruppe ab und schafft es, viele Aspekte nicht nur didaktisch runter zu brechen, sondern durch die kleinen Aufgaben auch direkt anwenden zu können. Bleibende Lücken wird jemand, der interessiert ist, hoffentlich auch aus eigenem Antrieb, recherchieren und füllen. Für andere wären diese Informationen an der Stelle vielleicht schon zu viel gewesen. Zielgruppenoptimierung ist hier das Stichwort. So ist Tijen Onarans Buch ein gelungener und leichter Einstieg zu Personal Branding und Social Me, der im idealen Fall durch detailliertere Quellen bei verschiedenen Aspekten verstärkt werden kann.

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2 Kommentare

  1. Danke für deinen differenzierten Einblick in dieses Sachbuch. Ich hatte es durch Social Media geistern sehen, war aber unsicher, was mich da erwarten könnte. Deine Vorstellung hat es mir nun leichter gemacht 🙂
    In dem Zusammenhang fällt mir „Show your work“ von Austin Kleon ein, vielleicht ist es für dich interessant. Es beschäftigt sich damit, dass man als Künstler:in mit seinem Schaffen an die Öffentlichkeit gehen soll. Ich schaue immer wieder gerne rein.

    Liebe Grüße
    Sandra

    1. Oh, danke, das schau ich mir direkt mal an

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