Freiheit für Anfängerinnen von Daniel Oliver Bachmann

Ich habe mich bei Blogg dein Buch für die elektronische Version von Freiheit für Anfängerinnen von Daniel Oliver Bachmann, erschienen bei dotbooks, entschieden, weil ich auf starke Frauen gehofft hatte, die erkennen, dass sie ihr Leben besser selbst in die Hand nehmen. Eine herbe Enttäuschung.

Martha steht vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens. Ihr Mann Theo ist tot und hinterlässt einen Haufen Schulden sowie einen Haufen Geliebter mit Kindern. Ihre ehemals beste Freundin Ursel ist da keine Hilfe, bringt immer die unpassendsten Kommentare und hat mit ihrem Kurt auch keinen Engel. Martha will nur noch weg, alle zusammenschreien und ihren Frust bewältigen. Ausgerechnet Ursel kommt ihr da mit einem 80 000 € Bauch entgegen. –ohne Plan fahren die beiden los, Richtung Italien. Dabei halten die zwei bei Theos Geliebten, die Martha erst nur zusammenschreit und irgendwann auch vernascht, um dahinter zu kommen, warum Theo sie betrogen hat. Marthas schwuler Halbbruder und Ursels Kurt folgen den beiden, beginnen dabei eine Art Affäre. Ursel und Martha gestehen sich derweil, dass beide jeweils mit dem Mann der anderen geschlafen haben und da schwanger wurden. Während Martha abgetrieben hat, hat Ursel ihren Sohn bekommen, aber nach Italien abgeschoben, mit Theos Hilfe, zu eben dem Winzer, der Marthas Weingeschäft immer beliefert. Dort angekommen holen sie auch Kurt und der Halbbruder ein, Kurt nach einem Schusswaffenunfall nur noch mit halbem Gesicht. Zu allem Überfluss hat Ursel jetzt einen behinderten Mann, einen behinderten Sohn, der aber das Weingut geerbt hat, und Martha schläft mit ihrem Halbbruder, der auch nur ein Stiefbruder sein könnte, je nachdem ob sie nun die Tochter ihres Vaters ist oder auch aus einer Liaison ihrer Mutter mit einem anderen entstand.

Verwirrend vielleicht, dabei aber geradezu langweilig und kitschig. Martha ist keineswegs die starke Frau, die ihr Leben in die Hand nimmt. Sie lässt sich von Theo, Ursel, ihrem Vater und jedem, der ihr über den Weg läuft hin und her schubsen. Ihre eigenen Handlungen kommen ohne Plan und geradezu lächerlich rüber. Sie ist am Anfang wie am Ende weder da, wo sie sein will, noch Herrscherin ihres Lebens. Am Ende gibt sie die Kontrolle an den vermeintlichen Halbbruder ab. Und Ursel kommt auch nicht besser daher, ist viel zu unterwürfig ihrem Kurt verfallen, als ihn für seine ganzen Weiber vor die Tür zu setzten. Stattdessen freut sie sich am Ende auch noch, dass er sie nun so sehr braucht.

Witzlos finde ich auch das Spiel mit den Geschlechtern. Dass Martha plötzlich hingeht und die Frauen ihres Mannes verführt, um zu wissen, wie sie es mit ihm getrieben haben, macht sie irgendwie zum Typus der eifersüchtigen Frau, die alles ganz genau wissen will. Und dass die Frauen sich so schnell darauf einlassen, nachdem ihnen Martha gerade die Bluse zerrissen, sie beschimpft und dabei auch noch die Information vom Tod ihres Geliebten und Vater ihrer Kinder beigebracht hat, ist absolut unglaubwürdig. Genauso fraglich bleibt, dass Kurt plötzlich auf den Halbbruder steht und unbedingt mit ihm schlafen will. Die Krönung dieses Geschlechtermischmaschs ist dann die Umkehr des Halbbruders, der ja nur schwul wurde, weil Martha ihn nicht wollte und jetzt, da sie will, wird er wieder hetero. Das fährt den Karren an die Wand und ist in meinen Augen nicht nur lächerlich, sondern auch versteckt homophob.

Martha ist zwischen alle Stühle gezwängt und versucht es allen recht zu machen. Sie verliert den Boden unter den Füßen, als Theo stirbt, gerade weil sie plötzlich mit den Aufgaben konfrontiert ist, die er immer hatte und ziemlich versaut hat. Die Buchhaltung ihres Ladens war seine Aufgabe. Er hat alles hinuntergewirtschaftet, von den Frauen und Kindern, denen er Geld geschickt hat, mal abgesehen. Dass der Bankberater das alles mitmachte, weil er insgeheim scharf auf Martha war und hoffte, sie verlässt den Mann, wenn sie sieht, was er getan hat, zeigt nur mehr die Unterwürfigkeit der Frau, die dieser Roman in sich trägt. Doch diese Unterwürfigkeit wird keineswegs gebrochen, die Frauen gehen nicht erstarkt hervor oder werden zu Heldinnen, sie leben weiterhin nur für ihre Männer.

Wer den Roman nur oberflächlich liest, und einer anderen Generation angehört, wird eventuell an diesem Frauenroman gefallen finden. Ich kenne ein paar Damen, die ihn mit Sicherzeit gerne lesen würden. Ich aber bin froh, dass er nicht lang war und einen flüssigen Stil hat, denn der Inhalt war mehr als enttäuschend.

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