Auf der Frankfurter Buchmesse habe ich eine Buchreihe entdeckt, die mich vom ersten Moment an begeistert hat. Erschienen bei diaphanes ist Platon & Co., eine Reihe, die sich philosophischen Größen über ihre Biografie her nähert, hier und da dazudichtet, die Aussagen der Philosophen selbst aber klar wiedergibt und das Ganze für Kinder unterhaltsam und lehrreich erzählt. Gleich mitnehmen durfte ich Wittgensteins Nashorn von Franҫoise Armengaud mit Illustrationen von Annabelle Buxton, aus dem Französischen von Martine Hénissart und Thomas Laugstien, 63 Seiten kurz und erschienen dieses Jahr.
Wittgenstein sucht ein Nashorn. Weil er die Aussage „Hier gibt es kein Nashorn“ so lange für falsch erachtet, wie sie nicht bewiesen wird. Wie aber beweist man, dass etwas nicht ist, wenn der einzige Beweis seine Nichtexistenz ist, die Existenz aber gedacht und ausgesprochen werden kann. Ein bildlicher Ansatz hilft, das Problem zu verdeutlichen und führt Wittgenstein auf eine Suche durch die Welt bis in den ersten Weltkrieg hinein.
Wittgensteins „Sätze“ sind im Buch hervorgehoben, so dass sie als Lehrsätze oder Weisheiten zu erkennen sind, gleichzeitig aber auch als etwas von Wittgenstein erdachtes. Die Probleme, die ihn beschäftigen werden plastisch und nicht so abstrakt wiedergegeben, wie das in Lehrbüchern oft der Fall ist. Nein, natürlich steigt der Leser – egal wessen Alters – nicht komplett hinter die Sprachphilosophie oder kann mit Wittgensteins Nashorn Russels Wahrheitsdefinition zum Wackeln bringen, aber die Problematik selbst und die Gedankengänge der Beobachtungen des Philosophen werden erstaunlich leicht und verständlich mitgeteilt. Die amüsanten und leicht comicartigen Illustrationen tun ihr übriges, um das Buch für Kinder schmackhaft zu machen.
Gut, mein Siebenjähriger wird an manchen Formulierungen noch zu knabbern haben, aber etwas ältere Kinder können auch alleine mithilfe dieses Buches erste philosophische Erfahrungen machen, denn durch die Art, wie die „Lehre“ des Philosophen hier dargebracht wird, regt es auch zum eigenen überlegen an. Und das eben nicht nur die Kinder, sondern jeden Leser, weswegen ich das Buch ausdrücklich auch für Philosophen und Philosophie-Interessierte empfehle.
Bibliografische Eckdaten helfen dabei, Wittgenstein und seine Theorie auch historisch einzuordnen und mit anderen Theorien zu verknüpfen. Die komplette Lebensgeschichte wird dabei aber nicht erzählt, sondern viel mehr eine episodenhafte Begebenheit. Besonders schön als Hörisch-Doktorandin fand ich dabei die Seite, auf der das Nashorn zum Einhorn wird und Rilkes Einhornsonnett Anklang findet. Vielleicht wird gerade dadurch die Möglichkeit des Seins des Unmöglichen durch die Verortung in der Sprache am Greifbarsten. Oh dieses ist das Tier, das es nicht gibt.
Mit Wittgensteins Nashorn hat sich die Reihe Platon & Co. auf jeden Fall ihren Platz in meinem Bücherregal gesichert und ich hoffe, schon bald wieder eines dieser tollen Bücher vorstellen zu können.