Das Mädchen mit den blauen Augen – Michel Bussi

Auf der Frankfurter Buchmesse wanderte als erstes Buch Michel Bussis Das Mädchen mit den blauen Augen in meine Rezensionstasche. Erschienen im Aufbau Verlag mit 416 Seiten, übersetzt von Olaf Matthias Roth. Das Buch hatte es mir auf den ersten Blick angetan, obwohl ich sonst mit Krimis eher wenig anfangen kann. Ein gut gemeinter Rat einer anderen Besucherin, das Buch sei gar nicht so sehr Krimi, überredet mich vollends.

Bei einem Flugzeugabsturz werden alle Insassen getötet. Allein ein drei Monate altes Baby scheint auf wundersame Weise überlebt zu haben. Doch auf der Passagierliste standen zwei Säuglinge und beide Großelternpaare beanspruchen das überlebende Kind für sich. Ein Richter entscheidet, doch die andere Seite setzt einen Privatdetektiv an, der achtzehn Jahre hat, irgendeinen Beweis für die Identität des Kindes zu finden. Er scheitert. Erst kurz vor Ablauf der Frist findet er, was er all die Jahre gesucht hat. Lylie – das Mädchen, das überlebt hat, hadert währenddessen mit ihrer doppelten Identität und ihren Gefühlen. Wer ist sie? Und was wird sie werden? Sie verschwindet und Marc, ihr Bruder und Geliebter macht sich auf, das Rätsel zu lösen.

Klingt schon sehr krimilastig? Ist es am Ende dann auch. Ein wirklich gelungener Krimi, muss ich zugeben. Spannend, mit gut gezeichneten Figuren und einer gut durchdachten Kombination. Kleinere Rätsel, die mal mehr, mal weniger wichtig für den Verlauf der Geschichte sind, erzeugen zusätzlich Spannung, lenken auch mal ab und führen auf falsche Fährten. Die mehrfache Erzählform durch den auktorialen Erzähler, der einen personalen mimt und dabei mehrere Figuren begleitet und das Tagebuch des Detektivs, das in der Ich-Form geschrieben ist, bieten Abwechslung im Lesefluss und stören ihn gleichzeitig auch nicht. Die verschiedenen Stränge werden nicht gänzlich zusammengeführt, sondern manche werden auch einfach enden gelassen, was einem Auf und Ab gleicht und die Konzentration des Lesers auf das eigentlich Wichtige vielleicht abschwächt und somit auch die Lösung des Rätsels etwas länger verbogen bleiben lässt.

Das ist gut, denn allzu schwer ist es dann am Ende doch nicht, dem Erzähler eine Nasenlänge voraus zu sein. Die (vielleicht) inzestuöse Beziehung zwischen Marc und seiner (vielleicht) Schwester feuern Marcs Interesse an, seine Schuldgefühle und die Liebe zu Lylie pendeln sich gegeneinander aus. Vielleicht der richtige Antrieb für die Figuren, den Weg bis zum Schluss zu gehen, für mich bleibt es auch am Ende ein Irritationspunkt. Auch ein Beweismittel, das das Baby identifizieren hätte können, aber verschwunden ist, sehe ich für mich als unlogisches Detail im Buch. Schwierig hier nicht zu viel zu verraten. Nur so viel: Am Ende wäre es nur umso logischer gewesen, wenn das Teil beim Kind gefunden worden wäre. Ich möchte es nicht zwangsläufig einen Fehler im Buch nennen, doch für mich ist es in der Ereigniskette der Geschichte einer.

Der Stil ist dabei wirklich gut. Ich flog über die Seiten und hatte – trotz Krimi – wirklich meinen Spaß an der Sache, wahrscheinlich auch, weil die Suche nach der Identität mich immer schon bewegt hat und hier an der Wurzel quasi gepackt wird. Wer bin ich, wenn ich nicht weißt wer ich bin und wie reagiert meine Umwelt darauf. Als Monster sieht Lylie sich und die Ungewissheit lässt sie bis zum Äußersten gehen.

Wer Krimis mag, wird Das Mädchen mit den blauen Augen lieben. Und wer sie nicht unbedingt mag, sollte dem Buch durchaus eine Chance geben. Nahezu schlüssig – was ich selten erlebt habe – und mit interessanten Wendungen und Ereignisketten gefüllt ist es wirklich ein kurzweiliges Lesevergnügen.

Empfohlene Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Consent Management Platform von Real Cookie Banner