Why We Matter – Emilia Roig liest vor

Seit einiger Zeit hat Netgalley eine App und Hörbücher im Programm. Das ist für diesen Beitrag wichtig, denn ich höre sonst keine Hörbücher. Ich fahre zu selten Auto, um dort eines einzulegen, im Wohnzimmer hören wir Musik über Stream oder über den Bluerayplayer, der automatisch nach einer gewissen Zeit in den Ruhemodus schaltet, was bei Hörbüchern maximal unpraktisch ist, und mein Laptop hat kein CD-Laufwerk. Ich hatte also bisher nur begrenzt die Möglichkeit, Hörbücher zu hören. [Audible, i know, wollte ich aber bisher nie, denn ich höre ja keine Hörbücher, siehe oben].

Die App nun zu nutzen, das mit den Hörbüchern auszuprobieren fand ich sehr charmant. Beim Wäsche machen oder auch, wenn ich Grafiken bearbeite, im Garten, auf dem Sportplatz, wenn die Kinder trainieren, ein paar Minuten sind ein paar Seiten. Da meine Lesezeit durch Vollzeitjob etc. gerade sehr geschrumpft ist, viele Fliegen, eine Klappe. Als erstes Buch habe ich Why We Matter – Das Ende der Unterdrückung von Emilia Roig angefragt – Tausend Dank an den aufbau Verlag an dieser Stelle – das nicht nur zu #diverserLesen, sondern auch zu meinen Interessen im intersektionalen Feminismus passt.

Emilia Roig liest selbst

Die Autorin spricht das Buch selbst. Das finde ich auf vielen Ebenen großartig (ihr französischer Akzent ist vielleicht eine davon). Sie verknüpft ihre eigenen Erfahrungen als Woman of Color mit gesellschaftlichen Problemen, bleibt aber nicht dabei stehen. Es geht also in Why We Matter um Rassismus, aber nicht nur. Es geht um Feminismus, aber nicht nur, es geht um Anti-Diskriminierung, um das Aufzeigen der Verknüpfungen, die Marginalisierte habe, weil sie marginalisiert werden. Und auch darüber, dass Marginalisierungen nicht davor schützen oder entschuldigen, selbst zu marginalisieren.

Diese Schichten sind so vielseitig, dass ich beeindruckt bin. Oft wenn ich dachte „Wenn sie das sagt, müsste sie aber auch darauf verweisen“, kam genau das. Dabei will nicht behaupten, dass es keine Stellen gab, an denen ich mir mehr gewünscht hätte. Zum Beispiel erklärt Emilia Roig immer wieder, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt, spricht von nicht binären Menschen und trans Menschen, nur um an anderer Stelle lediglich cis Männer und Frauen zu nennen. Ein Ausschnitt allein wäre hier nicht genug, erst das gesamte Buch und das Wissen, dass tatsächlich Awareness für viele Formen der Diskriminierung besteht, machen dieses Buch aus meiner Sicht so empfehlenswert.

Screenshot der Hörbuch-App von Netgalley mit dem Hörbuch "Why We Matter" auf 96%.
Why We Matter – Das Ende der Unterdrückung von Emilia Roig

Wut, Tränen, Verzweiflung mit Why We Matter

Spannen fand ich vor allem die Teile zum Justizwesen und dem Einfluss auf unsere Gesellschaft, den Gefängnisse beispielsweise haben. Es mag utopisch anmuten, dass die Autorin hier einen anderen Weg andeutet, der auf einem anderen gesellschaftlichen Zusammenhalt basiert. Vor allem aber zeigt Emilia Roig immer wieder, wie eng verknüpft die verschiedenen Diskriminierungsformen sind, wie massiv ihr historischer Einfluss ist und wie durchzogen unsere Welt davon ist. Es gab Momente, in denen ich wütend war, andere, in denen ich Tränen in den Augen hatte, manchmal habe ich nur genickt oder vor Verzweiflung über die scheinbare Ausweglosigkeit den Kopf geschüttelt.

Dabei ging es auch darum, meine eigenen Privilegien anzuerkennen. Ich bin in vielerlei Hinsicht marginalisiert, aber dennoch gibt es viele Bereiche, in denen ich sehr privilegiert bin. Manchmal prallen diese Fronten auch aufeinander und ich weiß gar nicht mehr, wo ich stehe. Emilia Roig hat mir mit ihrem Buch das Gefühl gegeben, dennoch dazu zu gehören, zu dem „We“, das Bedeutung hat. Weil auch sie in mancher Hinsicht privilegiert ist und ihren Blickwinkel erweitert hat, wie ich es ständig versuche. Aber vor allem, weil sie konkret wird. Sie benennt Ableismus und Antiziganismus, Sexismus, Rassismus, Queerfeindlichkeit, … Oft kann sie Beispiele aus ihrem eigenen Leben einbringen, an anderer Stelle verweist sie auf reale Geschehnisse.

Das Wir in Why We Matter

Vieles wird klarer durch dieses Buch. Konturen deutlicher, Begrifflichkeiten definierter und die Thematik gewichtiger. Ich fand das Hören des Buches unglaublich bestärkend. Ich konnte mich als Teil des „We“ sehen. Das hat mir nicht nur deutlicher gemacht, wo ich benachteiligt bin, oder Vorteile genieße, sondern auch, dass es eben nicht egal ist. Das es nicht genug ist, mitgemeint zu werden oder ein „Es ist halt so“ nichts ist, womit sich irgendjemand abspeisen lassen sollen müsste. Why We Matter sagt eben auch aus „we matter“. Es ist ein Verbündungsbuch, das durch Aufklärung und Sichtbarkeit verbindet. Mich hat es komplett erreicht. Und ja, ich bin der Meinung, das hat auch damit zu tun, dass ich das Buch gehört habe. Dass Emilia Roig erzählt hat, erklärt hat, berichtet hat. Why we matter ist ein Buch, das sehr viel bietet und mir viel gebracht hat, obwohl ich nicht neu in der Materie bin. Dennoch bin ich der Meinung, auch Einsteiger*innen können großen Gefallen an dem Buch finden. Wenn ihr Hörbücher mögt, kann ich euch nur empfehlen, der Autorin zu lauschen. Ich bereue nichts!

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1 Kommentar

  1. Hallo, vielen Dank für diese Empfehlung. Ich kaufe kaum neue Bücher, seit ich vor einem Jahr eine (für mich bzw meine Wohnung) riesige Bibiliothek geerbt habe. Auf bestimmte Themen bezogene Sachbücher bilden da aber eine Ausnahme und dieses Hörbuch werde ich mir sicherlich besorgen. Liebe Grüße.

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