Mein letztes Zusatzbuch für den Juli mit 347 Seiten ging erstaunlich leicht zu lesen. Sibylle Lewitscharoffs Montgomery war ein Titel auf meiner Leseliste, der mir Kopfzerbrechen bereitet hat, hatte die Autorin doch schon mit weniger rühmlichen Reden auf sich aufmerksam gemacht. Dass sie nicht umsonst als Autorin so hoch ausgezeichnet ist, habe ich nun auch gemerkt.
Montgomery ist ein alter Bekannte des Erzählers, der plötzlich verstirbt, als die beiden sich zufällig in Rom treffen. Der Erzähler, obwohl nicht sonderlich involviert, interessiert sich für den Jungen, aus dem ein berühmter Filmproduzent wurde und versucht, seine letzten Tage zu rekonstruieren, indem er mit Menschen spricht und daraus eine Geschichte webt, die fraglich bleibt und dennoch plausibel. Eine Frau, ein Film, Erinnerungen und der Alltagsstress spielen dabei eine Rolle, so dass nicht klar ist, ob das Ende nun die Konsequenz des Weges ist oder der Weg von vorneherein auf das Ende zugegangen ist.
Erstaunlich flüssig ist diese Geschichte, die doch an Spannung zwar nicht schwach, aber auch nicht stark ist. Der Alltag kennt eben nicht nur Höhen, sondern auch die immer gleichen Morgen, den gleichen Arbeitsweg, Routine. Erst wenn Routine aufgebrochen wird, entsteht Stress, gefährliche Schwingungen ergreifen Leser wie Protagonisten. Dabei wird es dann doch erst richtig interessant.
Der Plot, gemischt aus vagen Anhaltspunkten und Spekulationen, aus Erinnerungen und Gegenwart, ist prinzipiell einfach. Die letzten Tage eines Mannes. Der schnelle Verfall, der androhende Tod. Wie schon bei Thomas Mann in Italien, die Stadt hat sich geändert, die Eroberung ist gelungen. Doch auch Montgomery verliert sich selbst in seinem Alltag, erkennt seine Sprache nicht wieder, seine Handlungen, seine Wege. Das Sein wird von der Wurzel her aufgelöst, bis noch das Leben selbst aufgegeben werden muss.
Montgomery ist ein gutes Buch, auch wenn ich persönlich es vielleicht nicht sehr gut nennen würde. Leicht zu lesen, mit einer weichen, oberen Schicht und einer tiefen, die an die Substanz geht. So soll es sein, oder? Ein Buch, das nicht mit der letzten Seite ausgelesen ist, sondern nachwirkt, in seinen Worten und ihrer Bedeutung.