Nicht viele Autoren melden sich bei mir, wenn meine Rezension nicht so gut ausfiel, und wenn, dann werden Ausreden angeschleift, Erklärungen, die ausweichen, statt die Kritik anzunehmen. Anders bei Raywen White, deren erster Band der Reihe Fluch der Unsterblichen Entfachte Glut mir wenig gefallen hat. Aber weil ich schon hier Ansätze gesehen hatte, dass die Autorin es eigentlich besser kann, habe ich auch den zweiten Band Vergessene Leidenschaft gelesen und war begeistert. Nun hat es mich besonders gefreut, den frisch erschienen dritten Teil Flammender Sturm schon vor Erscheinen lesen zu dürfen. Erschienen ist das ebook bei Forever mit 586 Seiten. Danke an die Autorin für mein Rezensionsexemplar.
Um ihren Freunden zur Flucht zu verhelfen hatte Kandarah in Entfachte Glut darauf bestanden, zurück zu bleiben. Schwer verletzt wird sie von Talon gerettet und in sein Heim gebracht. Dort offenbart sich, was sie immer zu verstecken versucht hatte. Kandarah ist verheiratet – mit einem Dämon. Nichts könnte schlimmer für sie sein, denn ihre Familie wurde damals ausgelöscht. Doch Talon und seine Männer sind anders. Während Kandarah mit ihren Vorurteilen kämpft, ist er beschäftigt, sein größtes Geheimnis vor ihr zu bewahren.
Das Buch, die Reihe
Ich fand es sehr interessant, dass dieser Band an den ersten anschließt und die Handlung teilweise parallel zum zweiten stattfindet. Dadurch wird die Welt, die Rayen White erschafft, tiefer, plastischer und durchdachter. Mit Kandarah und Talon stehen nun auch Figuren im Mittelpunkt, die in Entfachte Glut bereits als Nebenfigur aufgetreten sind. Und auch andere Bekannte aus den ersten zwei Bänden sind in Flammender Sturm wieder mit dabei. Wo Tania und ihre Mutter hier sehr flach wirken, ist es Gawain, der zusätzlich Ram bekommt und neue Fäden entstehen. Außerdem zeigt sich hier ein übergeordneter Plot, der die Bücher inhaltlich stärker verbindet. Das baut die Reihe als Komplex stärker auf, was mir gut gefallen hat.
Kandarah und Talon sind beide sehr starke Charakter. Er ist ein Dämonenfürst, der in diesem Band tatsächlich psychologische Tiefe erfährt. Dagegen setzt Kandarah ihr Stärke als Ausgleich für die Schwäche ein, die sie als Jugendliche hatte. Dieser Figurenaufbau ist gut und verbindet die beiden Charaktere inhaltlich wie psychologisch. Während Talon mehr über Kandarah weiß und im Grunde einen Entwicklungsschritt weiter ist, ist sie sehr stur und benötigt Zeit, ihre Vorstellungen zu entwickeln. Das ist hier plausibel vorgeführt und es macht Spaß, den Figuren bei ihren Veränderungen zuzusehen.
Gefangen, bis zur Liebe?
Schwierig war für mich die Tatsache, dass Kandarah Talons Gefangene ist. Auch wenn sie sich in seinem Reich relativ frei bewegen darf, wird sie überwacht und vor der Heimkehr in „ihre“ Welt gehindert. Zwar gibt ihr dieser Zustand die Möglichkeit, vieles zu erkennen und auch Talon als vielschichtiges Wesen zu begreifen, aber der „Zwang“, der dahintersteckt, hat mir nicht geschmeckt. Auch die Tatsache, dass beide zusammen eingesperrt werden müssen, um zueinander zu finden, hat etwas Bitteres. Ja, sie sind stolz und eigensinnig, aber im Grunde ist in dem Moment der einzige Ausweg für beide, miteinander ins Bett zu steigen.
Dem Stockholm-Syndrom bei Kandarah wird entgegengestellt, dass die beiden bereits früher aufeinandergetroffen sind und eine besondere Verbindung haben. Doch das weiß Kandarah in dem Moment nicht. Talon nimmt ihr die Möglichkeit, vor seiner Anziehung zu fliehen und dadurch wirkt ihr Zusammenfinden für mich einfach nicht frei. Hier habe ich richtig gemerkt, wie die Autorin in Flammender Sturm versucht, dem eher gewalttätigen Zusammenkommen im ersten Teil eine Alternative entgegen zu setzen. Das ist gut und wichtig.
Flammender Sturm zeigt viel Charakterentwicklung und spielt mit Vorurteilen. Ein größerer Zusammenhand wird hergestellt. Außerdem kommt Kandarahs innerer Kampf zwischen Herz und Kopf zu einem wirklich gut gemachtem Finale, in dem Liebe nicht alles ist. Dieser Punkt hat mich zu großen Teilen mit dem aufgezwungenen Start zwischen Kandarah und Talon versöhnt. Außerdem fand ich es sehr interessant, dass durch Talons Teil auch einige Fragen beantwortet wurden, die ich mir schon im ersten Buch gestellt hatte.