Dry – Neal und Jarrod Shusterman und die heutige Dystopie

Schon vorletztes Jahr habe ich Dry von Neal und Jarrod Shusterman gelesen. Gefunden auf Netgalley war der Roman einer, der mich in seiner Kombination aus Gegenwärtigkeit und Dystopie umgehauen hat. Gleichzeitig haben mich die Stereotype der Figuren nicht abgeholt. Vielleicht habe ich gerade deshalb so lange gebraucht, die richtigen Worte zu finden.

Der Kindle zeigt das Titelbild von "Dry" in schwarz-weiß auf einem hellen Holztisch, daneben eine leere Wasserfalsche und getrocknete Blüten.
Dry – sehr realistische Dystopie von Jared und Sharod Shusterman.

Eine Welt ohne Wasser?

Aus akutem Wassermangel wird Alyssas Familie die Leitung abgedreht. Und nicht nur ihr, die ganze Stadt liegt auf dem Trockenen. Der Supermarkt ist binnen Sekunden leer gekauft, Hilfe soll unterwegs sein. Doch als ihre Eltern von der Wasserausgabe nicht zurück kommen und Unruhen zu Gewaltausbrüchen werden, muss Alyssa handeln, um sich und ihren kleinen Bruder zu retten. Unerwartete Hilfe bekommt sie von dem seltsamen Nachbarsjungen, dessen Eltern einen Bunker in den Bergen haben. Dort soll es Vorräte geben – und Wasser.

Dystopie oder Jetzt?

Was nach dystopischer Zukunftsvision klingt, ist 2021 noch aktueller als bereits 2019. Immer wieder kommt es vor, dass Gemeinden im Sommer über Wassermangel klagen. Dass Gartenpools kritisiert werden und auch die Bewässerung der Rasen aussetzen soll, wird zum jährlichen Hinweis. Bäche trocknen aus, Seen versumpfen, Trinkwasser verunreinigt. Auch im Winter ist Wassermangel für die heimische Flora ein großes Problem. Gleichzeitig ist sauberes, fließendes Wasser aus der Leitung auf vielen Teilen der Erde noch immer unvorstellbar. Wasser, das so essentiell für unser Überleben und unsere Gesundheit ist. Von der Vision, die Dry zeichnet, sind wir nur einen heißen Tag entfernt.

Für Alyssa bedeutet die Folge der Ereignisse, dass sie Verantwortung übernehmen muss. Prioritäten ändern sich und die Ungewissheit um ihre Eltern nimmt stetig zu. Auch tödliche Krankheiten treten auf, sobald die Menschen auf verunreinigtes Wasser zurückgreifen. Gesellschaftliche Normen gelten nicht mehr. Unbescholtene Bürger werden zu Einbrechern, zu Straßengangstern und Mördern, nur für ein Glas Wasser. Es ist die realistische Dramatik, die den Roman so stark macht.

Dry: Kleine Story vor großem Thema

Denn, seien wir ehrlich, die Story selbst ist nett, aber nicht überragend. Ein bisschen Love-Subplot, ein kämpferisches Mädchen und allerlei Wendungen, die der Rettung der Kinder immer wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Das funktioniert, es ist spannend und actionreich. Der große Wow-Effekt bleibt aber aus. In Kombination mit der Thematik ist das auch sinnvoll, denn alles andere wäre zu viel gewesen. Dry ist ein Jugendbuch und macht besonders auf unseren Umgang mit Wasser, aber auch auf gesellschaftliche Strukturen und die Bedeutung von einzelnen Entscheidungen aufmerksam. Die Mutter, die panisch um ihr dehydriertes Baby, zu allem bereit ist. Der Werkvorsteher, der seine Tore öffnet und das Wasser teilt. Der Mann, der auf alles vorbereitet glaubte und einen entsetzlichen Fehler begeht. Die Extreme in der Peripherie sind bedeutend und Alyssas Geschichte im Zentrum darf darum einem Muster folgen.

Ein guter Roman, der wichtige Themen anspricht und unseren Umgang mit Wasser infrage stellt. Die Selbstverständlichkeit von sauberem Trinkwasser genauso, wie die alltägliche Wasserverschwendung. Ein immer noch aktuelles Buch, das Spannung verspricht und dieses Versprechen auch halten kann.

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4 Kommentare

  1. Hallo und guten Tag, Eva-Marie,

    mir gefällt es, dass Du Dich auch einigermaßen für diesen Autoren bzw. in der Kompi mit seinem Sohn begeistern konntest.

    Ich habe von ihm schon “ Vollendet und auch Scythe gelesen.Und war begeistert.
    Vielleicht auch bekannt?

    Guten Start ins neue Jahr ..bleib gesund..LG..Karin..

    1. Liebe Karin,

      dir auch ein frohes neues Jahr. Ich kenne die anderen Bücher, habe sie aber ehrlich noch nicht gelesen.

      LG
      Eva

  2. Der Roman klingt ja mal wahnsinnig spannend und viel zu real. Für die dunkle und graue Winterzeit ist er mir definitiv zu düster, aber auf meine Leseliste 2021 packe ich ihn mir trotzdem – für den Frühling.

    1. Dann viel Spaß damit, es ist auch definitiv erschreckend, wie schnell die Gesellschaft zerfällt, wobei wir das ja leider auch sehr aktuell beobachten können.

      LG
      Eva

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