Bei Blogg dein Buch habe ich mich diesmal spontan für Das Lied meines Vaters von Andreas Hauffe mit 373 Seiten, erscheinen bei dotbooks, entschieden. Die Beschreibung von der Vergangenheitssuche klang ganz interessant und ich konnte zwischen die Einmal durchs Regal Thriller auch etwas angenehmes lesen. Nach dem Lesen aber sind meine Gefühle gemischt. Das Buch hat wirklich gute Ideen und leider auch ein paar schwache Seiten.
Felix wird Vater und verliert beinahe gleichzeitig seine Großmutter, die ihn aufgezogen hat, nachdem sein eigener Vater verschwunden war und seine Mutter nach einem missglückten Selbstmordversuch aufhörte, auf das Leben zu reagieren. Mit dieser Vergangenheit ist es nur verständlich, wenn Felix von Selbstzweifel geplagt werden. Die Mutter seines Kindes ist außerdem sehr erfolgreich und bekommt kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes das Angebot, bei einem Film mitzuarbeiten (hinter der Kamera). Das schlaucht Felix‘ Ego noch ein bisschen mehr, zudem ist der Boss seiner Liebsten alles, was Felix nicht ist. Streit ist vorprogrammiert. Als Felix bei den Sachen seiner Oma eine alte Platte findet, die sein Vater einmal aufgenommen hat, und Briefe, mit denen aus Italien regelmäßig Geld kam, will er sich auf machen, seinen Vater und seine Vergangenheit zu suchen.
Tatsächlich ist Felix‘ Vater längst in seiner Nähe. Von Zufällen überschüttet treffen die beiden sich mehrere Male, ohne zu ahnen, wer der andere ist. Wirklich interessant ist Felix‘ Teil der Geschichte aber nicht. Er dümpert vor sich hin, unfähig wirklich Verantwortung zu übernehmen. Sein Sohn wird vor seinen Augen entführt (noch so ein Zufall) und die Eltern seiner Freundin mögen ihn nicht. Eigentlich ist er auf dem besten Wege, alles falsch zu machen. Und dass das Wiedersehen mit seinem Vater das Ruder rumreist, ist doch etwas weit hergeholt.
Paul, Felix vermeintlicher Vater, gibt da als Figur viel mehr her. Verfolgt von seiner Vergangenheit, von Schuldgefühlen und Alkohol zerfressen, der Musik den Rücken gekehrt. Ein Klassiker des Pop-Romans. Immerhin ist der Autor nicht nur studierter Germanist, sondern auch Liedermacher. Und die Merkmale des Pop-Romans sind unverkennbar. Das einrahmende Thema Musik, das Alter von Felix als Hauptprotagonist, die Liebesgeschichte(n) und Lebensgeschichte(n). Vielleicht ist es gerade darin manchmal etwas seitcht. Doch Pauls innere Zerrissenheit, sein Weg zu Felix, ist durchaus gut geschrieben und, wenn auch klischeehaft, so doch interessant.
Das Buch lebt von Zufällen, die schon beinahe als Prinzip auftreten. Zufällig eine Familie im Zug getroffen, die Felix einen Job gibt, zufällig einen Freund haben, der in Italien Verwandtschaft hat, zufällig den Penner in der Einkaufspassage stehen sehen, zufällig einem Mann das Leben retten, zufällig, zufällig, zufällig. Auch Klischees werden ausgereizt und nicht zu knappt. Gerade die Ausfälle aus diesen Schemen sind es dann, die Spannung aufbauen. Dass Paul sich nicht in die Verlobte seines Kollegen, sondern in deren Mutter verliebt, dass Felix und Paul aneinander vorbei gehen und jede Möglichkeit, sich anzusprechen, verstreichen lassen. Jedes Mal wird die Schema-Langeweile gerade noch abgewehrt.
Das Ende aber, soviel dazu, ist schwach und enttäuschend. Einfach mal alles auf schön gedreht, unwahrscheinlich dabei und viel zu rosig. Wer aber gerade das braucht, glückliches Ende und alle haben sich lieb, dem wird das gerade passen. Ich hätte mir nach der Geschichte etwas mehr Lebensnähe gewünscht.