Produkttest: Jommeke-Comic

Dank der Testfamilie durfte ich zwei Jommeke-Comics „testen“. und mit meiner Familie lesen.

Jommeke ist ein Comic für Kinder ab 6 und erscheint nun seit über 60 Jahren in Belgien. Gezeichnet werden der kleine, blonde Junge und seine Freunde von Jef Nys. Im Deutschen sind bisher 8 Comics erschienen.

Zum Testen bekamen wir Nr. 03: „Kinderherrschaft“ und Nr. 08: „Die Paradiesinsel“.

Die Hefte sind schmal, aber groß, so dass die Bilder nicht zu klein geraten und auch die Schrift entsprechende Größe hat. Der erste Blick auf den blonden Jommeke im blauen Hemd und seinen dunkelhaarigen Freund im roten Oberteil erinnerte mich spontan an Spirou und Fantasio, die Lieblingscomicfiguren meines Mannes. Der Stil ist aber etwas einfacher gehalten, auch die Geschichten selbst sind nicht so umfangreich wie die in Comics für Erwachsene.

In Kinderherrschaft erfindet der befreundete Professor ein Elixier, dass die Kinder super schlau macht, um sie von der Last der Schule zu befreien. Dummerweise sorgt eine Nebenwirkung dafür, dass die Erwachsenen, die auch davon getrunken haben, alles gelernte wieder vergessen und innerlich zu Kindern werden. Die wiedergewonnene Freiheit von der Schule opfern die Kinder also bald ihren Eltern.

Was im ersten Moment witzig und amüsant klingt, hat aus meiner Sicht ein paar Haken. Zum einen wird die Schule als Übel dargestellt. Gerade Kinder in den ersten Klassen gehen aber noch gerne in die Schule. Ihnen das „auszutreiben“ sehe ich einfach kritisch. Außerdem geschieht die Erkenntnis der Kinder, dass sie sich um ihre Eltern kümmern müssen, sehr schnell. Da bleibt kein wirkliches Erkennen, sondern eine Selbstverständnis, die ich einem Kindercomic des einfacheren Verständnisses wegen noch durchgehen lasse. Was ich aber gar nicht ok finde, ist der Umgang mit Zigaretten (Zigarren, etc.) innerhalb des Comics. Denn kaum sind die Kinder innerlich „weise“ rauchen sie. Selbst Kinder, die noch Windeln tragen, haben dicke Zigarren im Mund. Und alle finden es in Ordnung. Rauchen wird als zum Erwachsensein dazugehörend dargestellt und das finde ich einfach falsch. Einen ähnlichen Moment hatte ich auch im zweiten Comic, in denen die Kinder es als höchsten Dank einem Erwachsenen gegenüber sehen, ihm Zigarren zu schenken. Vor 60 Jahren vielleicht verständlich – heute absolut nicht mehr zeitgemäß und in einem Kindercomic fehl am Platz.

In Die Paradiesinsel gewinnt Jommekes Freund eine Kreuzfahrt, zu der er Jommeke, zwei Zwillingsmädchen und einen Hund mitnimmt, den die Kinder kurzerhand als Mädchen verkleiden. Das fliegt relativ schnell auf, sorgt aber nicht etwa für Ärger, sondern für Belustigung. Der Spaß endet, als ein alter Feind Jommekes, der ebenfalls auf dem Schiff ist, die Kinder von Bord lockt und auf einer Insel aussetzt. Das halbe Jahr verbringen die Kinder damit, den Affen der Insel „Zivilisation“ beizubringen und ein angenehmes Leben zu führen.

Hier wird schon beim ersten Blick klar, dass die Vorgeschichte unnötig lang ist, mit – aus meiner Sicht – eher flachen Witzen ausgestattet ist, die durchaus fragwürdig sind. Einen Hund als Mädchen zu verkleiden und aufrecht laufen zu lassen, ist Tierquälerei und bringt Kinder auf falsche Ideen. Der rote Faden ist nicht so recht vorhanden, die einzelnen Bausteine der Geschichte passen nicht so recht zusammen und die Intention der Figuren ist nicht wirklich erkennbar. Auch hier spüre ich eine zeitliche Fremde zum Kindercomic. Dieses Thema setzt sich bei der Zivilisierung der Affen fort, die nur darauf gewartet zu haben scheinen, dass ihnen jemand eine Axt gibt, um einen Baum zu fällen. Die Affen werden kurzerhand als „billige“ Arbeitskräfte eingesetzt, die ohne eigenen Vorteil arbeiten. Die Idee des „Wilden“ und „Zivilisierten“ hier gefällt mir ganz und gar nicht. Der Flair von vor 60 Jahren ist deutlich spürbar und setzt sich in den vermittelten Werten fort und passt nicht mehr in unsere heutige Welt.

Schön finde ich dabei dennoch, dass Jommeke einen kühlen Kopf bewahrt und immer wieder durchaus vernünftig Schlüsse zieht, Lösungen sucht und findet, konzentriert an der Sache bleibt und geduldig ist. Die richtige Kindlichkeit geht dabei fast unter, Jommeke ist nicht frech oder aufmüpfig, sondern hilfsbereit und schlicht gut erzogen. Der Zielgruppe könnte das aber schon wieder zu farblos sein – mein Siebenjähriger hat nicht so recht den Draht zu den Comic gefunden, obwohl er das Format sonst liebt. Mehrere Male hat er versucht, sich eines der Bücher durchzusehen, aber leider weder zur Figur, noch zur Geschichte richtig Zugang gefunden.

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1 Kommentar

  1. Hallo Eva-Maria,
    danke, dass Du dir Zeit genommen hast, JOMMEKE so eingehend zu lesen und zu rezensieren.
    Sicherlich hast Du an einigen Stellen Recht, manches muss aus der Zeit heraus erklärt werden. Meine Erfahrung ist aber, dass Kinder sehr wohl und genau differenzieren können, was Fiktion ist, wenn sie die „richtigen“ Verhaltensweisen in ihrem täglichen Leben erfahren und man es ihnen erklärt. Für sie ist ein Baby mit einer Zigarre einfach ein Spaß oder – je nach Entwicklungsstand – etwas, dass ihnen einen wohligen Schauer über den Rücken treibt („Oh Gott, da rauchen ja die Babys, wie ungesund“). Und gerade die von Kindern so geliebten Klassiker sind voll von Unzeitgemäßem: schießwütige Cowboys bei Lucky Luke, Knechte bei Michel aus Lönneberga, die Lehrerin als „Fräulein“ bei Pipi Langstrumpf usw. usw. Gerade „Kinderherrschaft“ wird in Belgien seit 60 Jahren Jahr für Jahr neu aufgelegt und geliebt. Und wer einmal beim Jommeke-Tag mehrere tausend verkleidete Jommeke-Fans gesehen hat, bekommt den Eindruck von Kindern, deren Fantasie wunderbar angeregt wurde…

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