Zu Weihnachten habe ich Mama-Literaturforscherin Rosa Matteuccis Mutterherz bekommen, ein schmales Büchlein (122 Seiten) über eine gescheiterte Mutter-Tochter-Beziehung und ihrem Finale. Erschienen 2011 bei diaphanes, übersetzt von Marianne Schneider.
Luce fährt wöchentlich aufs Land zu ihrer alten Mutter, die den Ofen auslässt und sich über die steifen Gelenke beschwert, die ihre Tabletten nicht schluckt, um ihrer Tochter eins auszuwischen, die nur zu meckern hat. Und Luce ist eigentlich längst gebrochen. Geschieden, hoffnungslos, den ewigen Trott der getauschten Rollen spielend, hinter der Mutter herräumend und doch nicht die Mutterrolle ihrer statt annehmen könnend. Trostlos. Dabei will Luce die Mutter in Pflege geben und hofft, dass ihr Leben noch einmal beginnen kann.
Interessant finde ich vor allem das Pflichtgefühl, dass bei Luce eben keine Liebe mehr ist. Sie hat für ihre kleinkindliche Mutter nichts übrig und will sie möglichst entspannt loswerden. Dagegen wehrt die Alte, die den eigenen Verfall nicht eingestehen kann/will, sich. Doch ihr Kampf ist ein so stiller, dass er nahezu ungehört geschieht. Sie schluckt die Tabletten nicht, was der Tochter nicht auffällt und benimmt sich schlecht (was sie ja ohnehin schon tut). Es ist kein Raum für Mitleid mit der Alten, aber auch mit Luce kann ich als Leserin nicht so wirklich Mitleid haben. Sie hat es verpasst, sich gegen die Mutter aufzulehnen und ist gefangen zwischen den eigenen Wünschen und denen der Alten.
Als dabei auch noch ein Mann auftaucht und Luce auf ein eigenes Leben hofft, hat sie zumindest wieder etwas Energie und macht einen Schritt in die richtige Richtung. Dass dazu die verträumte Pseudo-Romanze nötig ist, macht Luce dabei zur Jugendlichen. Die Mutter wird erst ausgeblendet, als ein Mann sich für Luce zu interessieren scheint. Das offenbart sie Schwäche der Tochter, die allein nicht (be)stehen kann und darum am Anfang eben doch auch von der Mutterfigur abhängig ist.
Das große Finale im Zusammenbruch der Mutter ist dann auch nur ein halbherziger Versuch der Befreiung. Und das Zeichen, dass Luce eben nicht ihre Mutter von sich lösen muss, sondern sich von ihrer Mutter. Nur an der Protagonistin, so fürchte ich, geht diese Erkenntnis vorbei.
Eine tiefgehende Erzählung, die viel über alteingesessene Beziehungen sagt, die Mutter aber leider zur verstaubten Figur macht. Sehr interessant zu lesen und eine eindrucksvolle Sprache, gerade die Protagonistin Luce aber ist auch zutiefst eindimensional und der Toppos der gealterten, zur Last liegenden Mutter, bis ins Klischee ausgereizt.