Da staunte ich nicht schlecht, als der dotbooks Verlag im Oktober unter seinen Neuerscheinungen einen Fantasy-Roman hatte, den ich einfach lesen musste. Sarah Klecks Die Verborgene ist mit seinen 462 Seiten dabei durchaus nach einem klassischen Muster aufgebaut, geht aber manche Probleme, die in anderen Büchern zur Hauptaufgabe werden, wesentlich lockerer an und konzentriert sich dabei auf die Geschichte selbst.
Evelyn beginnt nach dem Tod ihrer Schwester, die sie praktisch aufgezogen hat, ihr Studium in Oxford und trifft dort auf Jared, der sie sofort in ihren Bann zieht und widersprüchliche Signale sendet. Außerdem scheinen alle Stromleitungen verrückt zu spielen, sobald Evelyn und Jared aufeinander treffen. Während sie versucht, Jareds Geheimnis aufzulösen, freundet sie sich mit Sally und Felix an. Als Sally mit Jareds Freund Colin anfängt auszugehen, bekommt Evelyn erste Hinweise, dass mehr hinter Jareds Verhalten steckt, als sie bisher angenommen hat. Mithilfe ihrer Freundin Ruth kommt sie der Wahrheit auf die Spur. Jared ist der letzte lebende Nachfahre des Zauberers Merlin und sie selbst entspringt der Blutlinie von dessen Geliebter, die ihn angeblich getötet haben soll. Trotz der Prophezeiung, dass auch Evelyn für Jareds Tod verantwortlich sein wird, beschließt Jared, seinem Herzen zu folgen und sich gegen den Orden zu stellen, der ihn beschützen soll. Völlig verrückt nacheinander merken Jared und Evelyn aber schnell, dass eine mächtige Gegnerin es auf sie abgesehen hat – Morgana.
Wie gesagt, ist manches ähnlich wie bei anderen Fantasy-Romanen. Schön finde ich schonmal, dass die Protagonisten bereits studieren und damit (zwar nur wenig, aber immerhin) älter sind, als die meisten Hauptfiguren von sogenannten Romantasy-Büchern. Evelyn ist verständnismäßig überfordert mit der neuen Situation und handelt darum passender Weise unüberlegt und vorschnell. Manchmal braucht sie etwas, um Offensichtliches zu kapieren, aber das mag der Unglaublichkeit der Gegebenheiten zugeordnet werden. Doch sie ist auch kein weinerliches Opfer, dass nur hin und her gelenkt wird, sondern agiert auf eigene Faust und weiß sich oft alleine zu helfen. Jared entspricht da schon mehr dem Klischee, auch wenn er kein böser-Junge-Bild abgibt. Er wird als überaus attraktiv und mächtig beschrieben und taucht immer dann auf, wenn Evelyn ihn braucht. Dass es im Folgeroman, der im Frühjahr 2015 erscheinen soll, mehr darum gehen wird, wie Evelyn Jared rettet, freut mich schon jetzt – ich will das Buch unbedingt lesen!
Der Stil ist wunderbar, detailliert, treffend und vorausschauend. Angedeutetes wird im richtigen Moment wieder aufgenommen, Fragen im Laufe des Buches geklärt, so dass die Puzzleteile sich ineinander schließen können. Hin und wieder braucht der Roman zur Klärung etwas länger, als ich als Leserin. Die Bestätigung meiner Annahmen sind dann zwar passend, doch der Überraschungseffekt geht verloren. Allzu innovativ ist das Buch also auch nicht. Schön aber, dass die Artussage zwar aufgegriffen, aber auf eine andere Hauptfigur ausgelegt wird. So wird Colin zwar als Nachfahre Artus‘ offenbart, er spielt aber nur eine Nebenrolle, während Merlin und dessen Blutlinie im Mittelpunkt steht.
Die Verborgene ist das Erstlingswerk der Autorin Sarah Kleck, die wie Evelyn im Roman Psychologie studiert hat. Diese Nähe zum Thema wird deutlich. Nicht nur, da das fundierte Wissen in den Informationen zu Vorlesungen und Studieninhalt offensichtlich wird, auch die Figuren selbst sind psychologisch hoch interessant. Wie Evelyn haben auch Colin und Jared als Kinder ihre Familien verloren, die Eifersucht treibt eine Verehrerin von Jared zu einer unüberlegten Kompensationshandlung, abweisende Mütter und die tiefe Überlegung, ob Glück oder Leben prinzipiell wichtiger sind. Ok, da wird es auch wieder schon sehr philosophisch, aber da die Frage mehr dem Roman vorangestellt ist und Jared seine Entscheidung klar trifft, beschäftigt sie wohl den Leser mehr als die Handlung per se.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mir das Buch sehr gefallen hat. Ich konnte es gar nicht mehr aus der Hand lesen und habe es quasi an einem Abend durchgelesen. Es war fesselnd, von Anfang an konnte der Spannungsrahmen gehalten werden. Etwas mehr „Charakter“ hätte ich mir von Jared gewünscht, da geht es nur schleppend voran, je nachdem, wie gut Evelyn ihn kennt. Da sie ihn zu Beginn ja kaum kennt und erst, als er angeblich bereits eine Veränderung durchgemacht hat, ist diese schwer nachzuvollziehen. Doch sie als Protagonistin ist wunderbar gezeichnet und macht während des Romans eine Wandlung durch und die Veränderung der Figuren durch die Geschichte ist somit klar gezeigt. Und jetzt freue ich mich schon auf die Fortsetzung und hoffe, dass ich nicht zu lange darauf warten muss.