Auf netgally habe ich das AmazonCrossing Buch Das Haus der glücklichen Mütter von Amulya Malladi gefunden. Übersetzt aus dem Englischen wurde der Roman mit dem Originaltitel A House for Happy Mothers von Marina Ignatjuk. Amulya Malladi selbst wurde in Indien geboren, hat Ingenieurswissenschaft und Journalismus studiert. Heute lebt sie in Kopenhagen und arbeitet als Führungskraft für einen internationalen Hersteller.
Priya ist erfolgreich und glücklich verheiratet. Was ihr fehlt, ist ein Baby. Nach mehreren Fehlgeburten überredet sie ihren Mann, eine indische Leimutter das gemeinsame Kind austragen zu lassen. Sie wählt dafür Asha, die bereits zwei eigene Kinder hat. Asha lässt sich nur aus einem Grund darauf ein, Leihmutter zu werden. Ihr eigener Sohn ist überdurchschnittlich intelligent, aber sie kann ihn an keiner teuren Hochbegabtenschule anmelden. Ihr Mann dagegen würde mit dem Geld lieber eine eigene Wohnung kaufen. Und während Priya es hasst, dem Ungeborenen so fern zu sein, hat Asha immer mehr Angst vor dem Tag der Geburt, wenn sie es loslassen muss.
Welten ohne Fantastik
Es ist beeindruckend, wie leicht es der Autorin fällt, die unterschiedlichen Welten von Priya und Asha aufzuzeigen. Die Diskrepanz ist riesig. Und gleichzeitig geht es ihnen doch um die gleichen Momente in ihrem Leben. Um Familie und Beziehung, um die Suche nach Glück und die Angst vor der Armut. Während Priya in Amerika einen guten, aber nicht herausragenden Job hat, ist Asha Hausfrau und Mutter. Sie hat nicht aus Liebe geheiratet und viele Etappen ihrer Ehe waren mehr Zwang, als Freude. Auch Priya und ihr Mann haben Probleme. Die unterscheiden sich aber grundlegend von denen Ashas. Am Ende aber geht es allen um Nähe und die Angst, allein zu sein.
Die verschiedenen Wege, die Amulya Malladie ihre Protagonistinnen dabei gehen lässt, verbunden durch das ungeborene Kind, sind ohne Kitsch, ohne Beschönigung, aber auch ohne die Faszination am Elend dargestellt. Ashas Blick auf Indien und ihre Welt ist hier elementar. Wie viel näher dieser Blick an der Realität dran ist, als Reportagen oder Bollywoodfilme wird etwa auch klar, wenn Priya mit ihrer Mutter nach Indien reist und die gehobene Gesellschaftsschicht dort kennen lernt. So nah ist der Leser dabei den beiden Frauenfiguren, dass der Wechsel zwischen den Welten stets reibungslos verläuft.
Mütter und mehr
Im Zentrum steht natürlich die Suche nach der Mutterfigur. Auch hier driften Ashas und Priyas Ansichten auseinander und kommen dann doch wieder zusammen. Die Grundlage, so wird vermittelt, die Liebe, ist immer gleich. Die Tatsache, dass Asha nur für ihren Sohn überhaupt zur Leihmutter wird, nähert die beiden Frauen einander bereits früh an. Noch dazu wird die Mutterfigur in den Großmüttern und Schwiegermüttern wider gespiegelt. Blickwinkel und Umgebung sind für die Auslegung elementar. Ein bisschen bin ich hier ins Trudeln gekommen, denn die Aufgabe der Mutter, zu Hause zu bleiben, wird zwar hinterfragt, aber nicht bis zum Schluss. Sehr schön ist dagegen, wie wichtig in beiden Erzählsträngen die Väter sind.
Großartig finde ich, dass Amulya Malladi es schafft, die Zerrissenheit von leiblicher Mutter und Leihmutter einzufangen, das Konzept und die Wirtschaft hinter dem System aufzudecken und dennoch eine gefühlsbetonte Geschichte zu schreiben. Wie positiv das Ende für die einzelnen Figuren ist, bleibt Urteil des Lesers. Ich finde das Buch sehr gelungen in der Darstellung des hoch komplexen Themas. Fesselnd, gut ausgearbeitet und immer bemüht, realistisch zu bleiben und nicht ins Klischee abzudriften. Gerade bei der Mutterfigur kein leichtes Unterfangen und hier gut gelöst. Denn dass sowohl für Asha, als auch für Priya die Mutterschaft in so unterschiedlicher Ausprägung doch so elementar ist, das wird immer wieder in vielen kleinen Facetten deutlich, liegt an ihrer Umgebung und Sozialisation.
Über dieses Buch bin ich letztens schon auf einem anderen Blog gestolpert und neugierig geworden. Deine Rezi gefällt mir sehr gut und ich bin sicher, dass das genau mein Buch ist. Werde es auf meine Merkliste setzten, damit ich es nicht aus den Augen verliere. Bücher über / in Indien habe ich zur Zeit für mich entdeckt, somit reiht sich dieses hier auch gut in meine Indienliste ein. 🙂
GlG, monerl
Ach wie schön, dass ich dir Leselust bereiten konnte😊. Sag Bescheid, wenn du es gelesen hast😉