Eine Weihnachtsgeschichte – Charles Dickens

Passend zur anstehenden Weihnachtszeit hatte Blogg dein Buch ein besonderes Buch in Angebot, dem ich nicht wiederstehen konnte. Charles Dickens Eine Weihnachtsgeschichte als Literaturcomic aus dem Brockhausverlag. Als Comic mit Zusatzmaterial sind dort bereits Klassiker wie Stevensons Schatzinsel, Homers Odysee und Vernes In 80 Tagen um die Welt erschienen. Nun reiht sich auch Dickens Prototyp eines Weihnachtswunders ein.

Über den Inhalt muss darum nicht viel geredet werden. Wie eh und je wird der habgierige Ebenezer Scrooge am Weihnachtstag von drei Geistern eines besseren belehrt und ein anderer, warmherziger und vor allem weihnachtsliebender Mensch.

Viel gibt es dagegen über die gelungene Umsetzung zu berichtet. Hatte ich erst Angst, durch die Übertragung ins Comic wird der Geschichte Ernsthaftigkeit verloren gehen, erkannte ich beim ersten Aufschlagen, dass meine Angst unbegründet war. Die gezeichneten Bilder sind keineswegs verniedlicht oder übertrieben gestaltet, sie zeichnen sich vielmehr durch realitätsnähe und Details aus. Die Farben sind vorwiegend in dunklen Tönen gehalten, außer dem Schnee natürlich, was einerseits zur Jahreszeit, anderseits zum zeitlichen Hintergrund passt. Die Geister sind so dargestellt, wie Dickens sie beschrieben hat. Marelys Ketten sind wohl etwas kürzer, als ich sie mir vorgestellt hätte, der Geist der vergangenen Weihnacht etwas zu erwachsen, doch der Geist der gegenwärtigen Weihnacht feiert sein kurzes Leben mit Prunk und der Geist der zukünftigen Weihnacht deutet mit Knochenfingerhin zu Scrooges möglichem Ende.

Natürlich bleiben Kleinigkeiten bei der Übertragung ins Comic auf der Strecke. Gedanken können zwar noch in Sprache umgesetzt werden, aber lange nicht alle, Einwürfe des Erzählers wie der berühmte erste Satz (Marley ist tot) werden ausgelassen und versucht, möglichst durch die Bilder vermittelt zu werden.

Schön finde ich, wie die Farben bei den ältesten Weihnachten aus Scrooges Erinnerung hell und freundlich sind, aber immer dunkler werden, je näher er der Gegenwart kommt, um dann in den zukünftigen Weihnachten geradezu gespenstisch düster zu werden. Umso freundlicher und farbenfroh wirken die Bilder nachdem Scrooge geläutert ist. Besonders ist auch das Abschlussbild, dass eben nicht die zum Klischee verkommene Szene zeigt, wie Scrooge den kleinen Tim (der hier original Tiny Tim heißt) auf den Schultern durch die Straßen trägt, und dieser den berühmten Weihnachtswunsch spricht. Nein, beim Brockhaus gehört das letzte Bild ganz Tim allein, der glücklich ein riesiges Geschenk in den Armen hält und dann um Gottes Segen bittet. Ob es nun Tims Bedeutung für Scrooges Wandel unterstreichen soll oder im Zeitalter des Kapitalismus die Bedeutung der Weihnachtsgeschenke hervorhebt sei dahingestellt. Und dass Scrooges „Humbug“ in der Übersetzung zu „Unfug“ wird, ist zwar nicht falsch, aber in meinen Augen zumindest schade.

Toll finde ich auch den informativen Anhang, der mit sechs Seiten von Brockhaus bereits als „umfangreich“ bezeichnet wird. Dickens Kurzbiografie, sowie Wissenswertes zum Roman und eine Doppelseite zum Weihnachtsfest der bürgerlichen Familie im 19 Jahrhundert geben tatsächlich mehr Informationen, als zu erwarten wäre.

Im Comicformat kann Dickens Weihnachtsgeschichte auf jeden Fall eine neue Gruppe Leser erreichen. Selbst mein Fünfjähriger blättert immer wieder interessiert durch die Bilder und ist kaum von dem Buch loszubekommen, das übrigens im festen Einband und nicht dem typischen Comic-Weichformat daherkommt. Fazit: Gerade für Comic-Freunde oder eher lesefaule Menschen ideal, doch auch der ein oder andere Vielleser wird es angenehm finden, einen großen Klassiker mal so einfach serviert zu bekommen.   

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