Kassandras Schleier – Wolfgang Schmidbauer

Bei Kassandras Schleier – das Drama der hochbegabten Frau von Wolfgang Schmidbauer war ich von Anfang an skeptisch. Immerhin ist es mal wieder ein Mann, der ein „weibliches“ Probleme erklären will. Bei Goldmann als Taschenbuch im März erschienen ist das Buch in der Schweiz bereits seit 2013 auf dem Markt. Danke an das Bloggerportal für mein Rezensionsexemplar.

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Hochbegabt und Narzisst?

Der Autor arbeitet als Psychoanalytiker und spricht daher aus der Praxis, aber auch aus persönlichen Erfahrungen und Umständen. Das Drama der hochbegabten Frau ist dabei oft, dass sie sich ihre Begabung nicht eingesteht. Noch immer wird die Leistung von Frauen niedriger bewertet, nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch ihre Fähigkeiten selbst. Dutzende Beispiele drehen sich immer wieder um das Problem, dass die Frauen nicht glauben, besser oder klüger oder einfach gebildeter zu sein, als ihre Mitmenschen und darum die eigenen Leistungen verstecken oder von anderen zu viel fordern.

Parallel zum Problem der Selbstbewertung zeigt Schmidbauer das Phänomen und die Folgen von Narzissmus auf, den er eng mit Hochbegabung verknüpft. Teilweise kommt das etwas zu pauschal für meinen Geschmack rüber. Allgemein zeigt Schmidbauer vor allem Negativbeispiele auf, die er zwar fundiert analysiert, wo mir aber der Aspekt des Ausblicks fehlt. Die hochbegabte Frau, so scheint es, muss einen psychischen Knacks bekommen. Da möchte ich doch laut widersprechen.

Sehr informativ, aber etwas fehlt: Kassandras Schleier von Wolfgang Schmidbauer
Aufklärung ohne Ausblick

Nicht zu verachten aber ist die Aufklärungsarbeit, die dieses Buch durchaus leistet. Nicht nur im Bereich Hochbegabung und dem Umgang damit, sondern allgemein in der alltäglichen Unterdrückung der Frau. Wie die Titelgebende Figur aus der griechischen Mythologie, Kassandra, bleibt die (hochbegabte) Frau ungehört. Ihr wird unterstellt, doch eh keine Ahnung zu haben oder sich in den Vordergrund drängen zu wollen. Dieses „Zum Schweigen bringen“ der Frau sehen wir täglich in jedem Bereich und nicht nur Hochbegabten gegenüber.

Schade finde ich, dass das Buch wirklich fast ausschließlich die Problematiken, die bei Hochbegabung entstehen können, aufzeigt, nicht aber positive Beispiele einschließt oder gar Hilfestellungen mitbringt. Ohne Frage, die Aufklärungsarbeit ist enorm und Vieles hilft beim Verstehensprozess eigener wie fremder Angewohnheiten allgemein. Hier dürften aber gerne bereits kleine Möglichkeiten aufgezeigt werden, mit dem ein oder anderen umzugehen, vorzubeugen oder auch Gewohnheiten abzulegen.

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