Liebe zu versprühen macht so viel Spaß. Natürlich nicht nur zum Valentinstag, aber der gibt mir eine gute Ausrede Lieblingsleser und Lieblingsautoren zu erfreuen. Im romantischen Interview auf Schreibtrieb habt ihr heute schon Stefan Godot und Nina C. Hasse bestaunen können. Nun freue ich mich, dass Kia Kahawa die dritte im Bunde ist.
Romantik ist ein großes Wort. Es stammt aus dem Altfranzösischen romanz, das alle Schriften meint, die in der Volkssprache verfasst sind. Unter „romantisch“ verstehen wir Sinnliches, Fantastisches, Schauriges, Natürliches, Emotionales. Die Zeit der Romantik (Ende 18., Anfang 19 Jhd.) war eine Rückbesinnung auf katholische Tugenden, aber auch der Spaß am Nervenkitzel, am Mythischen und beängstigend Geheimnisvollen. Darum wird es auch im „romantischen Interview“ nicht (nur) um Rosenblätter und Herzchen gehen. Das freut auch BartBroAuthor Kia Kawaha, die Blumen lieber mit Wurzel mag und sich auf Romantik am Samstag freut.
Schreibtrieb: Die Romantik ist die Zeit der Volkgeschichten und Märchen. Welches ist dein Lieblingsmärchen und warum?
Kia: Na toll. Jetzt erzählst du mir erst was von der Epoche der Romantik und fragst nach meine Lieblingsmärchen. Das erzeugt gleich schon meine erste unkonventionelle Antwort. Mein liebstes Märchen ist die Hütte der Baba Yaga aus Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“. Ich halte das Stück für frühromantisch und sehe während des Hörens immer ein Märchen vor meinem inneren Auge. Ich hoffe, das zählt als Antwort?
Schreibtrieb: Die romantische Liebe besteht aus großer Sehnsucht, Herzschmerz und einer grandiosen Erfüllung im Zusammensein. Welche Liebesgeschichte hat dich denn so richtig gerührt?
Kia: Ich bin, was Liebesgeschichten angeht, sehr stumpf. Was in Buch & Film passiert, ist mir oft zuwider, weil ich keinerlei romantische Gefühle mehr empfinde wie damals in der Pubertät. Dieses „kriegt sie ihn oder nicht“ hin und her nervt mich sehr schnell, da habe ich eine niedrige Toleranz. Ich denke, ich reagiere so abweisend auf fiktive Romantik, weil es für mich nur eine Liebesgeschichte gibt, die mich erfüllt. Und die wird gerade geschrieben, nur leider ohne Worte und ohne Fiktion. *hihihi*
Schreibtrieb: Valentinstag wird ja gerne als Festtag der Pralinen- und Grußkartenindustrie verpönt. Wie zeigst du denn deinen Liebsten sonst, was sie dir bedeuten?
Kia: Der Valentinstag ist für mich eigentlich unwichtig. Sage ich jedenfalls allen, weil ich cool und modern wirken will. Aber weil du es bist… In Wirklichkeit kann man mich tief damit verletzen, wenn man den Valentinssamstag (also der Samstag nach Valentinstag) versetzt oder vergisst. Für mich gehört zum Valentinstag alles aus dem klassischen „Valentinstags-Sortiment“ dazu, was mit Dienstleistungen oder Tätigkeiten zu tun hat: Essen gehen, Spaziergänge, Kino. Oder Gutscheine für Events! Das sind klasse Geschenke für die Liebsten! No-Gos sind abgeschnittene, tote Blumen, Grußkarten oder sonstiges Zeug, das rumliegt. Mein Exfreund schenkte mir vor einigen Jahren ein Usambara-Veilchen im Topf und das kann ich heute noch bestaunen und in Gedanken schwelgen. Viel besser als abgeschnittene Rosen!
Schreibtrieb: Der heilige Valentin von Terni wird dafür verehrt, dass er Liebespaare trotz Verbot nach christlichen Riten getraut hat. Dafür wurde er am 14.02.269 hingerichtet. Für welche Überzeugung würdest du dein Leben riskieren?
Kia: Klingt unromantisch, aber für gar keine. Ohne mich gibt es mein Leben nicht und ohne mein Leben sind auch meine Überzeugungen ohne Bedeutung. Klingt egoistisch, ist es vielleicht auch, aber meine ganz persönliche Weltanschauung – vermeiden wir mal den Begriff „Religion“ – und ich sind damit momentan im Reinen. Was sich aber ändern kann… Was für eine schwierige Frage!
Schreibtrieb: Romantik hat epochengeschichtlich auch immer etwas mit Schaudern und Fürchten zu tun. Vor was fürchtest du dich bei der Liebe am meisten?
Kia: Vor dem Schicksal an sich. Das ist das Problem bei Romantik: Wen ich heute heirate, der kann mich in zehn Jahren bis aufs Blut hassen. Wer mir heute versichert, immer für mich da zu sein, kann morgen von einem LKW überfahren werden. Daher versuche ich, mich von niemandem abhängig zu machen und führe mit meinem Freund gemeinsam auch Verträge über gemeinsam genutzte Konten, ein Inventar, damit keiner den anderen bei einer Scheidung über den Tisch ziehen kann und ja – wir sind jünger als 25 und das Testament liegt im Prinzip auch schon vor. Das hindert mich nicht am Schaudern und Fürchten, aber es lässt mich irgendwo etwas ruhiger werden.
Schreibtrieb: Mal ehrlich, es wird Frühling, die Bienlein summen, die Vögel zwitschern, die Bärte wachsen. Was gehört für dich zu einer romantischen Stimmung einfach dazu?
Kia: Musik! Und zwar nicht die romantische, die ich am Anfang angesprochen habe, sondern etwas Leichtes. „Somewhere over the rainbow“ vielleicht. Mit Ukulele, unterwegs draußen nur für mich gespielt. Und dann in den eiskalten See springen. Fahrrad fahren. Die Welt entdecken, fotografieren und endlich wieder draußen rumlaufen! Ach, wann ist es endlich warm genug für alle das?
Schreibtrieb: Und was ist zu viel? Wo fängt für dich der Kitsch an, alles zu vermiesen?
Kia: Sobald mir etwas geschenkt wird, was ich nicht mag. Das ist ganz furchtbar und vermiest mir für Wochen (das meine ich ernst!) die Stimmung. Eine abgeschnittene Rose – der Tag ist verdorben. Auf Kitsch reagiere ich allergisch und ich habe massive Probleme damit, Überflüssiges zu besitzen.
Und auch, wenn ich heulende Mädchen sehe, die versetzt wurden, oder deren beste Freundin mehr Herzchen bekommen hat als sie, kommt in mir der lila Valentinstagsmuffel raus und ich wünschte, es gäbe diesen Tag nicht. Das ist auch einer der Gründe, warum ich ihn prinzipiell am Samstag nach dem 14. Februar „feiere“, denn vom Kalender etwas vorschreiben lassen ist gar nicht so cool. Da nehme ich mir lieber Zeit für Aktionen wie diese hier!
Schreibtrieb: Romantische Szenen zu schreiben, ist nicht immer leicht. Welche drei Worte sind für dich dabei unersetzlich und warum?
Kia: Lass. Sie. Machen.
Lass die Protagonisten miteinander sprechen. Lass die Fantasie spielen und schalte den Kopf aus. So wie Liebe nicht geplant werden kann, finde ich, romantische Szenen können nicht geplant werden. Geplante Romantik ist für mich ein Stück weit gleichzusetzen mit Kitsch oder Klischee. Mir ist es wichtig, dass die Charaktere mit ganz eigenen Insidern und ihren ganz eigenen Charaktereigenschaften aufeinander eingehen und so ausgebaut sind, dass man als Autor nur dekorativ am Schreibtisch sitzen muss und dabei zusieht, wie die beiden miteinander agieren. Als Autorin ist es dann mein Job, zu schauen, inwiefern die gerade entstandene Szene in den Plot passt, falls vorhanden.
Schreibtrieb: Zuletzt noch fünf Kleine Assoziationsfragen. Antworte schnell, ohne nachzudenken, aus dem Affekt:
a) Blumen oder Pralinen > Lebende Blumen, die Waage zeigt etwas viel zu Hohes an.
b) Rot oder Rosa > Ein Verlauf mit Orange drin ist super schön!
c) Herz oder Hintern > Auf beides kann ich nicht verzichten!
d) Mund oder Augen > Beide sind zum Essen da! *lacht*
e) Herz oder Kopf > Verstand
Kia: Wenn ich mich entscheiden müsste, könnte ich dir zu diesen „oder“-Fragen gar nichts sagen. Ich mag lebendige Blumen im Topf lieber als Pralinen, aber ich kann nicht unendlich Blumen in meiner unfreiwilligen Grünlilien-Zucht aufstellen. Rot ist für mich schöner als rosa. Das Herz-Symbol ist nicht nur ein Hintern, also sage ich Herz. Der Mund spricht Schöneres als, als das Auge je sehen kann. Und bei Herz oder Kopf: Es darf kein „oder“ geben.
Liebe Kia, ich freue mich immer wieder über deine ausgefallenen Antworten. Danke, dass du dabei warst.