The 100-Year-Old Man who Climbed out the Window and Disappeared – Jonas Jonasson

“Warum liest du dieses Buch auf Englisch”, fragte mich meine Mutter zu The 100-Year-Old Man, das ich für die Nebenaufgabe von Einmal durchs Regal gelesen habe. „Der Autor ist doch Schwede“. Da hat sie recht, das ist er, aber die 384 Seiten auf Schwedisch zu lesen hätte dann doch einen Sprachkurs für mich erfordert, und ich lese einfach gerne auf Englisch, schon alleine weil sich die Übersetzter da mehr Mühe geben, weil die Ausgabe von mehr Menschen gelesen wird.
Zum Inhalt brauche ich über den Bestseller wohl nicht mehr viel zu sagen. Allan Karlson, gerade 100, hat keine Lust auf Altersheim und macht sich gemütlich auf den Weg. Wohin, ist ihm egal. Und weil er gerade da ist, nimmt er kurzerhand einen Koffer mit. Der Zufall, das Schicksal, Gott, oder auch das Glück, das ist dem Leser selbst überlassen, führen ihn erst zu einem alten Gauner und dann zu einer Elefantenbesitzerin. Die Drogenhändler, die dabei auf der Strecke bleiben sind geradezu amüsante Randnotizen. Ebenso dahingestolpert wie interessant ist auch Allans Vergangenheit, denn in 100 Jahren hat er so einiges Erlebt, die Weltgeschichte beeinflusst, den kalten Krieg entschieden und mehreren Staatsführern die Hand geschüttelt.
Das Buch ist das erste seiner Art und ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wie ein Buch nach dem gleichen Schema wieder interessant und faszinierend sein kann. Es hat einen lockeren und flüssigen Stil, ein Dahinschlendern, wie bei einem älteren Herren zu erwarten, und eine Überraschung nach der anderen. Ein Mann, der mit 100 aus dem Fenster steigt, ist eben kein X-Beliebiger. Und gleichzeitig verkörpert er gänzlich unterschiedliche Pole. Kapitalismus und Kommunismus, Intelligenz und Dummheit, Patriotismus und Gesellschaftskritik, Ehrlichkeit und Lüge. Es trumpft mit Eigenschaften eines Schelmenromans auf, die in modernen Büchern fremd geworden sind, und überzeugt mit der Kunst der Literatur, dass im geschriebenen Wort alles möglich wird.
Die sich abwechselnden Episoden fügen sich wie Mosaiksteine zusammen, das Bild am Ende ist das, worauf alles hinausarbeitet, wenn Allans Gegenwart und Vergangenheit übereinkommen und wir sogar seine Zukunft erkennen, denn eines steht für den alten Mann nicht auf dem Plan: Zu sterben. Und damit hat das Buch nur eine Unglaubwürdigkeit mehr, die es so charmant machen und ihm am Ende doch eine gewisse Glaubwürdigkeit wieder geben, denn diese Menge an unglaublichen Geschichten kann schon gar nicht mehr so unglaublich sein.
Wer das Buch nicht gelesen hat, dem sei es empfohlen, denn es ist wirklich gut, fesselnd und geradezu revolutionär in der modernen Buchwelt. Die Folgeromane, die nach dem gleichen Prinzip verfahren, sind mir bisher noch nicht untergekommen. Ich zögere aber wirklich sehr, denn wenn ein gutes Rezept zum Schema F wird, verliert sich das Geniale, Innovative und Lesenswerte.

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