Natürlich könnte ich ordentlicher sein. Den Tisch öfter abwischen, die Spülmaschine öfter ausräumen, das Spielzeug seltener liegen lassen. Ich könnte öfter Wäsche wasche und auch bügeln. Oder das Waschbecken putzen. Öfter zu saugen, das ginge, zu wischen, die Fenster zu putzen. Ich könnte mehr meiner Zeit darauf verwenden, wie es aussieht, als wie es sich anfühlt. Die Decke auf der Couch täglich falten, damit sie wieder auseinander geworfen werden kann. Die Kissen richten. Oder den Joghurtbecher, den jemand hat stehen lassen, wegwerfen. Ich könnte natürlich die Kinderbücher etwa drei Mal am Tag ins Regal zurück stellen, die Stifte aufsammeln und die gemalten Bilder. Natürlich.
Natürlich könnte ich besser kochen, seltener schnell, frischer, aufwendiger. Ich könnte mehr Obst essen und nie – oh Gott nein nie – mit einem Oberteil aus dem Haus gehen, an dem Tränen, Rotz oder Milchspucke hängt – alles nicht von mir selbst. Wenn ich wollte, könnte ich immer etwas zu trinken dabei haben, in kindgerechten Flaschen, und mundgroße Apfelstückchen in der Tasche verstecken. Keine Gummibärchen. Und – du lieber Himmel – auf keinen Fall Schokolade. Ich könnte meinem Sohn den Apfel aufschneiden, statt es ihn selbst machen zu lassen und einfach früher aufstehen. Natürlich.
Natürlich könnte ich zu allen immer nett und freundlich sein. Was ich denke eben nur denken und weniger oft sagen. Im Hintergrund verweilen. Ich könnte öfter raus gehen, weniger lesen und wirklich weniger Zeit auf der Couch verbringen. Natürlich könnte ich mehr im Garten arbeiten, mit meinem Mann aufstehen und ihm ein Schulbrot mitgeben. Oder meinen Jungen zur Schule bringen – die fünf Minuten hätte ich schon. Natürlich könnte ich bei jedem Zucken des Säuglings zur Stelle sein und in jeder Ritze ein Päckchen Taschentücher für meine Tochter verstecken. Ich könnte mehr Tee trinken und weniger Saft. Natürlich.
Natürlich könnte ich mich ändern, wenn jemand meint, ich müsste so sein, wie er oder sie es gerne hätte. Weniger Diskutieren, Erwidern, Bestimmen. Ich könnte weniger Entscheidungen treffen und mehr und mir meine Meinung nur dann bilden, wenn andere mit ihr einverstanden sind. Natürlich könnte ich mich jeden Tag zurechtmachen, meinem Sohn sagen, er solle männlicher sein, meine Tochter zur Prinzessin machen und dem Säugling niemals ein nicht-geschlechtsspezifisch passendes Kleidungsstück anziehen. Meinem Sohn die Haare kurz schneiden und meiner Tochter mehr in rosa kaufen. Natürlich.
Natürlich könnte ich all das machen und vielleicht – nein wahrscheinlich nicht, aber nehmen wir es mal an – ist die Welt dann ein wenig hübscher. Aber ehrlich gesagt, mag ich mich so wie ich bin ziemlich gern. Darum – natürlich – werde ich all das lassen und einfach weiter ich selbst sein.
Hallo und guten Tag,
jeder muss, jeden Tag sich diese oder ähnlichen Fragen/Herausforderungen stellen und letztendlich kommt es auf das eigene gute Gefühl an..ob oder ob nicht…..
In diesem Sinne schöne Ostern..LG..Karin..