Die Epoche des Barock – damals und heute

Die Einführungsveranstaltung ist schon längst bei den Epochen angekommen. Aber sind Epochen heute eigentlich noch wichtig, wenn wir doch nur aktuelle Bücher lesen? Gerade als Bloggerin finde ich es nicht verkehrt, einen kurzen Überblick zu haben, um zu erkennen, auf was der Autor eventuell alles anspielt. Auch Motivketten und Themen, die heute noch genutzt werden, sind bereits in früheren Epochen zu finden. All writing is rewriting. Oder?

Barock

Barockbau in Würzburg(Foto: geralt / pixabay.de)
Barockbau in Würzburg(Foto: geralt / pixabay.de)

Der Barock zeichnet in der neuern deutschen Literaturwissenschaft die erste Epoche ab, wird aber außer in der Einführung eigentlich nicht mehr wichtig. Auch die Mediävistik (ältere deutsche Literaturwissenschaft) reicht hier ein. Die wohl größte Umstellung ist die, dass der Barock die deutsche Sprache als Schriftsprache einführt. Vorher wurde Literatur nur in Latein verfasst. Die Besinnung auf Deutsch als Literatursprache kam und führte zeitgleich zu einem nationalen Bewusstsein. Ein enormer Schritt, denn im 17 Jahrhundert war Deutschland in kleine Territorialgebiete geteilt, die gemeinsam zum heiligen römischen Reich deutscher Nationen gehörten. Trotzdem gab es jeweils eigene Fürste, eigene Gesetze und auch eigene Dialekte. EIN Deutsch als Schriftsprache einzuführen gelang also nicht. Orthografie und auch Grammatik waren nicht unbedingt einheitlich.

Ohne Regel geht es nicht

Einheitlich war dagegen die Regelung, der die geschriebenen Texte unterlagen. Die Regelpoetiken, allen voran das Buch von der deutsche Poeterey von Martin Opitz. Der Roman war verpönt als zu weltlich, Leitgattung war die Lyrik, allen voran das Sonett, zwei Vierzeiler, zwei Dreizeiler, in Alexandrinern geschrieben (fünfhebiger Jambus mit Zäsur in der Mitte). Auch das Drama unterstand strengen Regeln und der Ständeklausel. Alles, was außerhalb der Regeln stand, gehörte faktisch nicht mehr zur Literatur. Sitz der Kultur waren die Höfe. Kein Wunder, denn maximal hier gab es Menschen, die lesen konnten. Das einfache Volk war weitestgehend ungebildet, hier zählten vor allem mündliche Darbietungen. Und auch dabei half die Regelmäßigkeit des Sonetts, die durchaus einen gewissen Liedcharakter verteilt. Auch etwas universeller waren Embleme, eine Mischung aus Bild und Text (Inscriptio, Pictura, Subscriptio). Vor allem aber zeichnete sich der Barock durch eine Überladung an Motiven und Metaphern aus, bis hin zum Schwulst.

Zwischen Tod und Leben
Religion als Leitkultur (Foto: ThomasWolter / pixabay.de)
Religion als Leitkultur (Foto: ThomasWolter / pixabay.de)

Und über allem schwebte der 30Jährige Krieg und dessen Auswirkungen. Memento mori und carpe diem. Gedenke des Todes und pflücke (nutze) den Tag. Für mich lagen diese beiden Mahnungen nie so weit voneinander weg und tatsächlich gehen beide auf das Vergänglichkeitsmotiv, den Vanitas-Topos (Vanitas=Eitelkeit) zurück. Während aber die memento mori Vertreter vor allem das Jenseits mit dem christlichen Paradies im Auge hatten, verfocht carpe diem die Besinnung auf das Hier und Jetzt. Neben großer Christlicher Lyrik stand so die Liebeslyrik hoch im Kurs. Beliebt war hier der Pentrakismus, die Anbetung einer unerreichbaren Frau, was ja schon an den Minnegesang des Mittelalters erinnert. Wie das Sonett kam der Petrarkismus aus Italien, denn Deutschland war nicht nur kulturell ein Schlusslicht Europas (zum Vergleich: In England lebte Anfang des 17 Jahrhunderts noch Shakespeare, der bereits Aufklärer war).

Der Roman

Neben Opitz ist beispielsweise Grimmelshausen zu erwähnen, der nicht nur als Romanschreiber eine Besonderheit der Zeit darstellte, sondern auch, da er nicht gebildet, sondern ein einfacher Mensch war. Der Simplicissimus zeigt dann auch gerade Kritik an dem, was der Barock an den Höfen so predigte. Doch auch er vertrat die deutsche Sprache, die Besinnung auf die Kirche und die Abkehr von allem Weltlichen.

Alles passé?

Und heute haben wir das natürlich alles längst überwunden. Wirklich? Der erst 2006 an Krebs gestorbene deutsche Lyriker Robert Gernhard wusste das Sonett genial einzusetzen. Und die Liebe zu einer (scheinbar) unerreichbaren Person beherrscht doch gerade immer wieder Liebesromane und Romantasygeschichten. Auch wenn das Christentum in Deutschland ein sehr säkularisiertes ist, verfolgen viele Werke die Sehnsucht nach dem göttlichen Mehr, das uns die Last des Alltags nimmt. Und nicht zuletzt stänkern gerade Autoren (und da nehme ich mich nicht aus), wenn irgendein Autor die Regeln bricht und gerade darum Erfolg hat (wenn die Regelkonformen Verlage das überhaupt mitmachen). Ihr seht, selbst Motive des Barock finden wir noch heute. Wie mag das erst bei Aufklärung, Romantik und Co. sein?

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