Im September gab es wieder eine Zusatzaufgabe bei Einmal durchs Regal: Ein Hörbuch sollte es sein. Und wenn schon, denn schon, dachte ich mir und gibt mit Toller Dampf voraus von Terry Pratchett in die vollen. Denn mit 16 ½ Stunden hatte ich da einiges zu hören. Gesprochen wurde das Hörbuch von Jens Wawrczeck, erschienen ist es 2014 im Hörverlag.
Dick erfindet die Dampfmaschine. Der junge Ingenieur macht sich den Dampf zunutze und lernt ihn zu beherrschen. Mit seiner Erfindung, dem reichen Paul König und dem Tyrannen der großen Stadt, der unbedingt einen schnellen Weg nach Überwald will, ist es ihm möglich, schon bald die ganze Scheibenwelt mit Schienen zu überziehen und Eisenbahnen fahren zu lassen. Seine erste Eisenbahn, Eisenpfeil, ist dabei immer etwas Besonderes. Feucht von Litwick, der die Aufgabe hat, alles für den Tyrannen zu überwachen, ist bald nur noch auf Reisen. Golems und Streckenarbeiter werden eingestellt, Land gekauft, Verträge abgeschlossen. Alles in hellauf begeistert. Alle? Nein, nicht alle! Eine unklar große Zahl von Zwergen sind mehr als nur sauer ob der großartigen Erfindung, die die Scheibenwelt zusammenwachsen lässt. Und ausgerechnet jetzt ist der niedere König der Zwerge unterwegs. Ein Wettlauf gegen die Zeit, der lange schon gestartet hat, neigt sich seinem Ende zu.
Es ist lange her, dass ich einen Pratchett-Roman auf Deutsch gelesen habe, dass ich ihn mir habe „vorlesen“ lassen gab es noch nie. Immer, wenn mein Vormittag nicht in der Uni oder unterwegs stattgefunden hat, lief die CD. Praktisch, denn dabei konnte ich mich um den Knopf kümmern, frühstücken, aufräumen. Jens Wawrczeck hat eine angenehme, geübte Stimme. Er schafft es, jeder Figur ihren eigenen Ton zu geben, ihre Sprechweise, so dass herauszuhören ist, wer gerade spricht.
Die umfassende Geschichte, die eben nicht nur die Entwicklung der Eisenbahn auf der Scheibenwelt erzählt, sondern auch das Thema des zwergischen Rassismus trägt, ist wirklich genial. Viele der beliebten Charaktere der Scheibenwelt treten auf, beispielsweise auch die Mitglieder der Wache und einzelne Zauberer, so dass der Fokus zwar auch Dick, Paul König und Feucht liegt, die Geschichte aber viel breiter erzählt wird und damit auch ein Stückweit zur Geschichte der Scheibenwelt selbst wird.
Der unschlagbare Humor Pratchetts geht auch in der Übersetzung von Gerald Jung nicht verloren und Wawrceck schafft es, die mitschwingende Ironie des Textes anzudeuten, ohne mit dem Zaunpfahl zu schwingen. Andeutungsvoll werden die Stellen, die auch später noch wichtig sind, etwas mehr betont, so dass der Zuhörer aufmerksam bleibt. Die bereits erwähnten unterschiedlichen Stimmen, die nicht nur für Personen eindeutig sind, sondern auch an die unterschiedlichen Völker der Scheibenwelt angepasst werden, haben mich sehr beeindruckt. Wawrceck liest nicht einfach nur vor, er verleiht der Geschichte Stimme(n).
Und es ist eine wirklich geniale Geschichte, die in die Tiefe geht, vielseitig erzählt und kleine Nebenstränge aufzeigt, ohne das große Ganze aus den Augen zu lassen. Eine sorgfältige Komposition, deren Crescendo im Laufe des Buches für Scheibenwelt-Kenner abzusehen ist, aber deswegen nicht an seiner Macht und Schönheit verliert. Fast möchte ich sagen, ich bin dabei auf den Hörbuch-Geschmack gekommen.