Sieben Minuten nach Mitternacht – Patrick Ness u. Siobhan Dowd

Spontan hatte ich mich entschlossen den Baker Street Book Worms, einem neuen Buchclub im Internet, beizutreten. Genauso spontan fiel meine Wahl auf eines der vier Bücher, die in diesem ersten Durchgang auf dem Programm standen. Sieben Minuten nach Mitternacht war zufällig in unserer Stadtbücherei verfügbar, als ich die Mail mit den Titeln bekam. Ich liebe meine Spontanität. Das Kinder- und Jugendbuch von Siobahn Dowd und Patrick Ness, in der gebundenen Ausgabe mit Illustrationen von Jim Kay wurde von Bettina Abarbanell ins Deutsche übersetzt und hat 2013 bei cbj 216 Seiten bekommen.

Sieben Minuten nach Mitternacht hat mich begeistert

Conor lebt allein mit seiner Mutter, die an Krebs erkrankt ist. An seiner Schule hat er sich völlig zurückgezogen und wird vom Schulschläger attackiert, nachts raubt ihm ein unsagbarer Albtraum den Schlaf. Doch plötzlich tauch ein Monster auf, ein richtige, dass die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen lässt. Während seine Großmutter, die er nicht leiden kann, kommt, um seiner Mutter zu helfen, geht das Monster mit Conor seinen ganz eigenen Weg. In dunkle Abgründe, in graue Schatten, bis zu dem, was Conor nie verraten will.

Worte, die mitreißen

Siobahn Dowd, die das Konzept zum Roman erarbeitet hat, starb an Krebs, ehe sie ihn schreiben konnte. Dieser Hintergrund verleiht dem Roman eine geradezu greifbare Ebene. Was Patrick Ness weitergesponnen, umgeschrieben, hineingelegt hat – ich kann den Unterschied als Leserin nicht ausmachen – ist ein feinfühliger, tiefgehender Roman, der mich vom ersten Satz bis zum letzten Punkt gefangen hatte. Ich habe gelacht, gehofft, gelitten und geweint. Als Beobachterin eine solche Nähe zu verspüren war mir lange nicht vergönnt.

Conor ist eine starke Figur, die gerade am Anfang unumstößlich erscheint. Gleichzeitig merkt der Leser durch die angedeutete Schrecklichkeit des Albtraums, dass Conor ein Geheimnis hat. Eines, das er vor sich selbst verleugnet. In diese Abgründe führt das Monster ihn, bei dem die Frage bleibt, wie monströs es eigentlich ist. Die Geschichten, die Conor erfährt, sind nichts anderes als Metaphern zu seiner eigenen Situation und genauso vielschichtig. Gut und Böse, Richtig und Falsch, Held und Monster – alles verschwimmt dabei und die Perspektiven wechseln immer wieder. Eine gekonnte Strategie, die auch Connors scheinbar geordnetes Leben, seinen Charakter und Vieles in seinem Alltag in andere Lichter rückt.

Regelrecht mitreißend: Sieben Minuten nach Mitternacht
Feingefühl auf der Achterbahn

Mit psychologischem Feingefühl wird Conors Figur regelrecht auseinandergenommen, während die Handlung ihrem Finale entgegensteuert, dessen Unausweichlichkeit doch immer wieder in Frage gestellt wird. Eine emotionale Achterbahn für den Protagonisten wie für den Leser. Nennenswert sind auch die Details zwischen den Zeilen. Sieben Minuten nach Mitternacht ist ein Buch, das ebenso klar wie vieldeutig ist. Mich jucken so viele Analyseansätze in den Fingern und doch sagt die Geschichte im Ganzen mehr, als jede Untersuchung es je könnte.

Mein großer Dank an die Baker Street Book Worms, dank denen ich Sieben Minuten nach Mitternacht in die Hand genommen habe. Es wird mich nie mehr loslassen.

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