Zeitrausch (Band1) – Kim Kestner

Die braun-rötliche Farbe des Umschlags und das Baum-Motiv waren genau richtig, um für die Aufgabe, ein Buch mit einem herbstlichen Bild zu lesen, einspringen zu können, darum habe ich mich diesen Monat für den ersten Band der Zeitrausch-Trilogie vom Kim Kestner, Spiel der Vergangenheit mit 287 Seiten entschieden. Erschienen ist der Roman bei Impress von Carlsen.
Alison wacht eines Tages auf und stellt fest, dass ihr kleiner, nerviger Bruder nie existiert hat. Im nächsten Moment aber wird sie in eine Sendung in der Zukunft verfrachtet, in der sie die Zeit verändern soll, um ihre gewohnte Realität wieder herzustellen. Zur Seite steht ihr Kay, der zunächst kalt und ablehnend ist, für den Alison aber sofort tiefe Gefühle hegt. Schnell wird klar, dass auch Kay ihr zugeneigt ist, doch er kämpft dagegen an, denn seine Vergangenheit ist ihre Zukunft und die Frage, ob eine gemeinsame Gegenwart überhaupt möglich ist, schmerzt beide.
Die Idee finde ich genial. Es gibt ja viele Zeitreise-Romane, die immer mit den Faktoren Wissen, Erfahrung, Erleben spielen. Hier wird das Ganze potenziert und gleichzeitig gespiegelt. Kay ist für Alison, was sie einmal für ihn sein wird, und auch bereits gewesen ist. Dabei verstrickt sich Alison immer mehr in der Manipulation der Ereignisse und kleine Veränderungen haben enorme Auswirkungen. Wie schnell unsere Entscheidungen unseren Lebensweg und den der gesamten Realität verändern können, wird auf – für Alison und Kay – grausame Weise deutlich gemacht. Die Frage, inwieweit sich bereits eingetroffene Ereignisse doch noch verändern können, ist dabei nicht die des Ereignis per se, sondern seiner gesamten Vorgeschichte.
Der Stil ist wunderbar. Ich war sofort in der Geschichte drin, während Alison von der genervten zur besorgten großen Schwester wird. Ihr innerer Kampf, die plötzliche Abberufung in eine Fernsehersendung 400 Jahre in ihrer Zukunft gleichzeitig zu akzeptieren und einen Ausweg zu suchen, ist klar gezeigt. Und dass sie trotz der Zuneigung Wut auf Kay empfindet, der nicht verrät, was er weiß, ist nur zu gut zu verstehen. Schwierig wurde es für mich, als dieser Umstand abrupt und absolut wechselt und Kay nahezu alles preisgibt, was ihn beschäftigt (zumal der Rest seiner Geschichte durchaus voraussehbar ist). Der Wechsel von Ablehnung zu „mein kleiner Schatz“ ist zwar gut erklärt, aber dennoch sehr plötzlich, wobei vor allem Alisons Einstellung dazu etwas zu leichtfertig ist. Das Ende, das gleichzeitig den Bogen schließt und den Weg für den zweiten Teil bereit hält, hält dafür wieder allerlei bereit.
Gut fand ich auch, dass der Fokus eben nicht ausnahmslos auf der Liebesbeziehung steht. Alisons Ziel ist und bleibt, ihre Realität wieder herzustellen und sich aus den Fängen der Sendung zu befreien. Dass sie sich dies auch für Kay wünscht, ändert nichts an ihrer Lösung aus dem Dilemma.
Im Ganzen war ich sehr angetan von der Geschichte und werde wohl recht bald den zweiten Teil angehen, schon allein, weil im Dezember der dritte und letzte Teil der Zeitrausch-Trilogie erscheinen soll. Genau das Richtige für alle, die auf die Mischung zwischen Fantasy und Science Fiction stehen. Medienkritik, verantwortungsvolles Handeln, Romantik und Entwicklung – wichtige Punkte, die hier zum Tragen kommen.

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