Wild Cards von George R.R. Martin

Mit leichter Verspätung wergen umzugsbedingtem Internetausfall kommt hier die Rezension zu Wild Cards, herausgegeben von George R.R. Martin, dem Autor von Game of Thrones, erschienen im Penhaligon Verlag im August 2014, 544 Seiten, und erstaunlich gut.

Ja, amerikanische Klischees, Klischees überhaupt werden bedient, aber mitunter selbstkritisch und so offensichtlich, dass die Botschaft dann doch eine andere ist. Das Besondere außerdem: Der Roman, der sich tatsächlich flüssig als solcher liest, ist eigentlich eine Sammlung verschiedener Autoren, unter ihnen auch der Herausgeber Martin. Zusammen einen Roman zu schreiben und dabei einen gemeinsamen Stil zu finden, dennoch seine Persönlichkeit zu wahren und alles auf einen grünen Zweig zu bekommen, das ist – ich spreche aus Erfahrung – nicht leicht. Allein bis die lieben Autoren sich auf bestimmte Wendungen einigen, kann manchmal eine ganz schöne Diskussion aufkommen und nicht immer sind alle am Schluss glücklich damit.
Als Leserin aber bin ich sehr glücklich über den Roman. Seit dem zweiten Weltkrieg lässt der Wild Card Virus manche Menschen sterben, andere mutieren. Die Wahl ist zufällig, ein Glückspiel, eben wie beim Poker. So gibt es Asse und Joker, Menschen, die besondere Fähigkeiten haben. Zu ihnen gehört Jonathan Hive, angehender Journalist, der sich bereits zu Beginn des Buches fragt, was eigentlich einen Helden ausmacht. Das Thema wird ausführlich behandelt, denn mit dutzenden anderen nimmt Hive an der Sendung „Amercian Hero“ teil, die ganz im Stile einiger mehr oder weniger beliebten Auswahl- und Rausschmeiß-Formate, die möglichen Helden vor Aufgaben stellt. In vier Gruppen unterteilt kämpfen sie mit- und gegeneinander und wissen manchmal gar nicht, wofür eigentlich. Früh wird Hive „rausgewählt“ und gehört dennoch weiterhin dazu. Gleichzeitig verfolgt der Roman Kate, Michael, Ana, Jamal und andere Teilnehmer, die weiterhin im Rennen sind. Als anfängliche Nebenhandlung werden Tumulte im Nahen Osten hinzugefügt, eine Ermordung eines Anführers und der entstehende Krieg. Als Hive auf die Spur einer alten Prophezeiung kommt und John Fortune, ein ehemaliges Ass, von einem altägyptischen Geist besetzt wird, wandelt sich der Schauplatz zunehmend. Als echte Retter in der Not beginnen Hive, Lohengrin und Fortune in Ägypten mitzumischen. Was ist „Show“, was ist Heldentum und gehört manchmal nicht beides zusammen, ein nahezu klassisches Fazit, aber gut erzählt, mit viel Spannung und tollen Charakteren.
Die verschiedenen Perspektiven der Figuren machen es möglich, mehrere Seiten zu betrachten, Hives Blogeinträge geben dabei gleichzeitig persönliche Ansichten, wie speziell nach außen gerichtete Sätze wieder. Die Medien sind ein Dreh- und Angelpunkt des Romans. Sie werden kritisiert und gleichzeitig wird ihre Bedeutung herausgestellt. Als Komitee aus Assen und Jokern werden die Kämpfer aus Ägypten am Ende doch wieder zu medialen aufgebauschten „American Heros“, wohingegen dem Gewinner der Sendung keinerlei Aufmerksamkeit zuteil wird. Realität gegen Fiktionalität und die Mischung aus beidem. Selbst am Ende ist nicht klar, zumindest in der medialen Berichterstattung, ob die Kämpfer tatsächlich auf der richtigen Seiten stehen, nur weil sie Zivilisten beschützen. Die Frage, ob man manchmal auch den Falschen hilft, wenn die Unschuldigen beschützt werden, und wer überhaupt die Strippen zieht, sie dreht sich im Kreis und wird ganz verschwörungstheorieähnlich auf die westlichen Regierungen zurückgeworfen.
Am Anfang sagte ich schon, die amerikanischen Klischees fallen ins Gewicht. Problematiken wie Hautfarbe, Abstammung, Naivität werden mit dem Zaunpfahl und Blinkeschildern gezeigt. Der einzige Deutsche in der Geschichte, Lohengrin, wird als heldenhafter Hüne, aber etwas doof dargestellt, leicht zu verführen noch dazu. Der Verweis auf Hitler in Verbindung mit Völkermord lässt auch nicht auf sich warten. Äußerlichkeiten werden in den Vordergrund gestellt, Selbstsuche und natürlich Romanze. Hollywoodreif, wenn ihr mich fragt.
Dieser Einschlag tut dem Roman aber nicht sonderlich weh. Wie Episoden fassen die Geschichten ineinander, was anfangs als unwichtige Nebenhandlung beginnt, wird später wichtig, alles wird zum Abschluss gebracht und das Ende, betont „happy“. Ja, es gibt Kritikpunkte, ich will es nicht verheimlichen, aber dennoch ist der Roman sehr gut. Ein toller Stil, eine wirklich interessante Idee und Umsetzung. Fesselnde Spannung und vor allem wirklich gut ausgearbeitete Charaktere. Absolute Leseempfehlung!

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1 Kommentar

  1. Das Video is klasse gemacht oder 😉
    Hatte mir Bugsy aber total anders vorgestellt. DB is perfekt und auch Bubbles *.* Einfach klasse.

    Ich seh schon, das Buch konnte dich auch begeistern. Bin immer noch mittendrin, aber habs bald 😉

    LG Sassi <3

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