Warum Mama eine rosa Handtasche braucht – Stephanie Schneider

Eigentlich verspricht der Titel Warum Mama eine rosa Handtasche braucht schon allerlei Kontroverses – jedenfalls aus meiner Perspektive. Darum habe ich ihn mir nicht entgehen lassen wollen. Stephanie Schneider hat 142 Seiten dünne Büchlein mit Geheimnissen glücklicher Mütter gefüllt, erschienen ist der Spaß bei Goldmann im Mai dieses Jahres.

Warum Mama eine rosa Handtasche brauchtNatürlich braucht keine Frau/Mama eine rosa Handtasche, das Stück soll vielmehr ein Symbol sein für etwas, das die Mutter sich gönnt, etwas Unnötiges, Kitschiges, Unpraktisches und vielleicht oft auch ungenutztes. Eine glücklichere Mutter soll sie dann sein, so Stephanie Schneider. Eine, die auch an sich denkt, den Abwasch auch mal stehen lassen kann, die Freundinnen unter den anderen Müttern nicht nach Mutterpunkten sondern nach Sympathie aussucht. Ein ganz normaler Mensch also. Etwas egoistisch, etwas eigen, auf sich bezogen und gerade dadurch das beste Vorbild für die Kinder, die dann, das ist das große Ergebnis, auch glücklichere Kinder sein sollen.

Erschreckt hat mich, wie oft ich beim Lesen nicken musste. Die Zustimmung auf den Lippen hatte. Klar soll eine Mutter (auch) an sich denken und nicht nur an die Kinder, noch Mensch sein, Frau sein, Geliebte, Arbeitende, Genießerin. Aber dass wir ein Buch brauchen, das uns das sagt, ist fürchterlich. Noch dazu eines, dass die Mutter gar nicht so vom Sockel hebt, wie es denn Anschein hat. Das große Ende deckt ein neues Licht auf. Glücklichere Kinder gibt es, wenn die Mutter glücklicher ist. Ist die Mutter also nur „egoistisch“, um ihre Kinder glücklich zu machen, aus ihrer Mutterrolle heraus also?

Passend dazu einige Stellen, die ich mir rot angestrichen habe. Etwa, wenn die Autorin/Erzählerin behauptet, nur die Mutter könne sich die erste Zeit um das Kind kümmern. Der Vater kann das erst später, so Stephanie Schneider. Ein festes Dogma in unserer Gesellschaft, das nicht nur die frischgebackene Mutter in ihre vier Wände verbannt, sondern auch den Vater vom Kind fern hält. Denn die logischste Schlussfolgerung wird allzu selten herangezogen. Wenn zwei Menschen mit einer Aufgabe vertraut sind, einer davon aber zu 80/90 Prozent alles alleine macht, wer kennt sich dann wohl besser aus? Auch die Lieblingsausrede des Stillens zieht Frau Schneider heran. Typisch, kenn ich, nehme ich auch ab und an in den Mund. Aber: Muss ja nicht so sein, ist nur halt bei uns so, weil unser Alltag es so am bestem mitmacht. Wer sagt, dass Abpumpen und Füttern nicht geht? Oder in den Pausen Stillen. Oder gar – Achtung Sakrileg – Säuglingsnahrung?

Die beliebten Klischees werden in Warum Mama eine rosa Handtasche braucht bedient. Die Supermama tritt als Frau Fébrèze auf, der Alltag wird als gar nicht so stressig entlarvt, die Mutter auf höchste Höhen erhoben. „Familie ist ein Knochenjob“ heißt eine Überschrift, die die Familie als Job der Frau bezeichnet. So so.

Erschreckend also, dass bei diesem eher rückständigen Frauenbild, das sich eingeschlichen hat, Tips in diesem Ratgeber stehen, die wirklich gut sind, die vielleicht nicht unbedingt das Leben selbst erleichtern, aber vor allem den alltäglichen Stress reduzieren. Allen voran das große Mantra: „Nimm es locker“. Stressig wird es nur, wenn Mutter sich stressen lässt. Entspannt bleibt, wer Schmutz auf dem Boden und Flecken auf dem Hemd entspannt gegenüber steht, wer auch noch lächelt, wenn der Boden voller Spielzeug ist, wer sich vom Zeitdruck nicht zerdrücken lässt. Wer also ganz normal lebt, würde ich sagen. Und eben mit Kindern. Braucht es jetzt dafür ein Handbuch?

Bestimmt gibt es die Mütter, die auch beim Mutter-sein erst mal an die Hand genommen werden müssen. Die erfahren müssen, dass die Welt sich weiter trägt, auch wenn nicht alles glatt läuft, und Kinder glücklich sind (obacht), wenn Mama (und Papa, Oma, Opa, Tante, Onkel), nicht gleich einen Nervenzusammenbruch bekommen, nur weil der Wurm drinnen ist. Vielleicht kann denen dieses Buch helfen. Ich zweifle etwas daran. Und eine allzu egoistische Mutter hat auch noch kein Kind glücklich gemacht.

Vor allem finde ich es mehr als schade, dass in einem Buch, das 2015 erschienen ist, der Vater nur am Rande Platz hat. Als Partner der Mutter. Mit dem sie ab und an ausgeht und das 15-Minuten-Aufräumspiel spielt. Aber nicht als Vater, gleichberechtigter Partner in Punkto Kinder. Denn wahrscheinlich würde das eine Mutter/Frau wesentlich glücklicher machen als alle rosafarbenen Handtaschen der Welt.

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1 Kommentar

  1. Hallo und guten Tag,

    wer die Anfangszeit mit Kind hinter sich gebracht wird sicherlich schmunzeln und sich denken ja so war es..

    Aber sonst halte ich persönlich wenig von solchen Büchern, ist aber meine persönliche Meinung, weil sie Jungmütter irgendwie in eine bestimmte Ecke schieben wollen…jeder muss da seinen eigenen Weg gehen, finde ich zumindest.

    LG..Karin..

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