Warten auf Gonzo – Dave Cousins

Bei freies Geistesleben ist ein neues Buch von Dave Cousins erschienen. Warten auf Gonzo hat 303 Seiten und besticht durch einen tollen Stil und eine fesselnde Geschichte.

Oz muss umziehen. Seine Eltern schleifen ihn und seine Schwester in ein kleines Kaff, weg von London, und obwohl er sich bemüht, Anschluss zu finden, gelingt es ihm gleich am ersten Tag, sich den Spitznamen „Slips“ zuzulegen und mit der unheimlichen Nachbarstochter und ihrem Hund anzulegen. Er schlittert von Fettnäpfchen in Bratenpfanne. Seine siebzehnjährige Schwester aber, Mustertochter, schafft es mühelos, seine Entgleisungen zu toppen. Sie wird schwanger und das stellt nicht nur ihr Leben auf den Kopf. Mit Ryan an seiner Seite, der sich in seiner Freizeit als Hobbit verkleidet, „Psycho“ in seinem Nacken und der zweifelnden Meg in seinem Haus wartet Oz auf Gonzo, das Baby, und erzählt ihm seine Geschichte.

Ich muss zugeben, ich habe zugegriffen, weil ich Warten auf Godot gelesen habe und wissen wollte, wie der Autor auf das Drama anspielt. Antwort: Nur mit dem Titel. Gut, vielleicht schwingt auch in Warten auf Gonzo so einiges an Philosophie mit, aber zum Glück wesentlich unterhaltsamer und mit mehr Aktionen als bei Beckett. Oz ist ein liebevoller Tollpatsch, der im Grunde keiner ist, und eigentlich nur ein ganz normales Leben führen will. Er ist kein Held und kein Sonderling, Durchschnitt und gerade deswegen besonders. Er liebt sein altes Leben und will dahin zurück, arrangiert sich aber einfach in seiner neuen Situation, so liebevoll wie es ein Jugendlicher seinen Eltern gegenüber nur kann.

Er gibt dem Ungeborenen den Namen „Gonzo“ und gibt ihm damit auch eine Chance auf Leben, macht es real und will, dass Meg ihr Kind bekommt. Damit steht er am Anfang noch ziemlich alleine, setzt sich aber durch, indem er nahezu nichts macht. Diese Involviertheit durch Nebensächlichkeiten finde ich so real und gut gemacht, dass ich das Buch nicht mehr weglegen konnte. Ohne viel Trara komm Oz in der Situation „Meine Schwester ist schwanger“ an und hilft im Grunde der ganzen Familie, damit klar zu kommen. Um seiner Schwester zu helfen, geht er soweit, ihr vorgeblich bei einem Einbruch helfen zu wollen, denn er kann ihre Zerrissenheit, ihre Wut auf das Leben, nachvollziehen und weiß, dass er sie nicht einfach vom Tisch fegen kann. Oz denkt manchmal wie ein Kind und manchmal wie ein Erwachsener, ist gleichzeitig treu und egoistisch, ein toller Kerl und ein Vollidiot.

Cousins schafft es dabei immer wieder dem Klischee ein Schnippchen zu schlagen und spielt ausgezeichnet mit Erwartungen und Formulierungen. Oz und „G“ teilen sich den Mittelpunkt der Geschichte, denn Oz erzählt und „G“ hört zu. Dass es hierbei wirklich einen gelungenen Ausgleich wird und die Geschichte weder in die eine noch andere Schieflage gerät ist bemerkenswert und einfach toll gemacht. Prädikat: Lesenswert.

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