All She Wants – Jonathan Harvey

Mal wieder weg von der Fantasy und etwas mehr ins echte Leben. Oder so ähnlich. Denn wirklich alltäglich ist die Geschichte All She Wants von Jonathan Harvey über  Jodie ( 251 Seiten) auch wieder nicht – und dann doch irgendwie.
Jodie beschließt als Kind, Fernsehschauspielerin zu werden und in ihrer Lieblings-Seifenoper mitzuspielen. Nachdem sie bei einem ersten Vorsprechen mit 15 nicht den Einstieg schafft, schmeißt sie aber ihren Schauspielunterricht hin und konzentriert sich auf etwas anderes: Ihren Freund Greg. Kaum alt genug, wird die Hochzeit geplant und alles schein perfekt – bis Jodie ihren frisch angetrauten noch auf der Feier ausgerechnet dabei erwischt, wie er von ihrem Bruder oral befriedigt wird. Jodie verliert nicht nur ihren Mann, sondern auch ihren kleinen Bruder und das Vertrauen in sich selbst. Letzteres aber kann sie zumindest schnell wieder aufbauen, während sie von den Männern erst mal die Schnauze voll hat. Sie schmeißt wieder alles um, zieht nach London, um dort eine Schauspielschule zu besuchen. Während sie – fast am Ende ihrer Ausbildung – alles riskiert und verbotener Weise bei einer Fernseh-Werbung mitmacht, lernt sie Stuart kennen. Sie fliegt von der Schule, wird aber ein bekanntes Gesicht in der Werbung und – während sie mit Stuart zusammenzieht – bekommt schließlich ihren Platz in ihrer Lieblingssendung. Der wird aber wackelig, als Jodie betrunken und geschlagen zur Arbeit kommt, denn Stuart wird handgreiflich. Kurzerhand fliegt Jodie nach Frankreich, um einen Kerl zu suchen, mit dem sie im Internet schreibt, wo eine Frau sie darauf aufmerksam macht, dass Jodie sich stets nur nach den Männern definiert, mit denen sie zusammen ist. Während sie also überlegt, ob sie doch zu dem geläuterten Stuart zurück soll, oder wie es weitergehen wird, erreicht sie die Nachricht, dass sie für eine Auszeichnung als beste Schauspielerin nominiert ist. Völlig betrunken nimmt sie zwar den Preis mit nach Hause, wird aber gleich darauf gefeuert, wegen ihres Verhaltens. Der Rückblick auf ihr Leben lässt sie schließlich darüber nachdenken, was sie eigentlich will. Und die Antwort ist so einfach. Das, was sie schon für verloren geglaubt hat.
Ich fand den Stil des Romans etwas schwer zugänglich. Das Englisch war dabei nicht das Problem, eher der Versuch, das Liverpool-Englisch zu verschriftlichen und die damit verbundenen Ausdrücke und Redewendungen. Auch wirken die Sprache und die Dialoge dabei mitunter absichtlich etwas niveaulos. Jodie kommt dabei als ziemlich naive, einfältige Tusse rüber, die einfach ihre Klappe nicht halten kann, dabei glaube ich, dass sie durchaus mehr auf dem Kasten hat, es wird nur nicht so richtig rüber gebracht. Manchmal – gerade in ihrer Zeit in Frankreich – schimmert das durch.
Dass dennoch alles so „glatt“ für Jodie läuft, und sie am Ende mit dem Bruder vereint und wieder in ihrer Sendung zu sehen ist, ist dann doch etwas viel. Gerade das wird mit wenigen Worten im Epilog erzählt, wo ich mir einfach mehr erhofft hätte. Doch das Problem der vom Mann „gesteuerten“ Frau, die Schläge, auch wenn sie selten sind, einfach verschweigt, wird wirklich gut dargestellt. Dass auch Fernsehsternchen nicht verschon sind und das Problem selbst schnell verdrängt wird, ist glaubhaft und erstaunlich plausibel. Stuart ist keinesfalls ein unangenehmer Kerl, der Jodie unter Druck setzt, doch sobald ihm eine Sicherung durchbrennt, sollte keiner in seiner Nähe sein.
Kurz: All She Wants hat mich nicht vom Hocker gerissen und ich werde es wohl kaum noch einmal lesen, aber es hatte auch seine guten Seiten und kann für Leser, die gerade diese Thematik suchen, wirklich etwas Lesefreude bringen.

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