Verdammt er liebt micht – Annemarie Schoenle

Ich stehe nicht auf Liebesromane. Hab ich noch nie. Das quietschige, rosarote, immer glücklich endende Geplänkel, bei dem die Frau am Ende ihren Helden gewinnt und vom Küchenmädchen zur Hausdame wird passt nicht in meine Lebensvorstellungen. Doch für die Nebenaufgabe von Einmal durchs Regal habe ich mich an einen herangewagt – und wurde überrascht.

Verdammt er liebt mich von Annemarie Schoenle ist mit seinen 231 Seiten eben kein klassischer Liebesroman, auch wenn es zu Beginn ziemlich danach aussieht. Doch selbst hier ist noch nicht klar, wer eigentlich im Mittelpunkt steht. Die 17jährige Emma, die ihren attraktiven (was auch sonst) Geschichtslehrer Adrian als Deflorationsinstrument nutzen will, ihre Mutter Paula, die in der alltäglichen, leidenschaftslosen Beziehung zu ihrem Mann Gabriel sich selbst verloren hat, Josefine, die sich als Verlobte des bereits erwähnten Geschichtslehrers sieht und dabei auf fliegende Schweine wartet oder etwa der Geschichtslehrer selbst?

Ihr merkt, es geht wild durcheinander. Vor allem im Bett des Geschichtslehrers. Der wähnt sich tatsächlich kurz glücklich mit Paula und wird dann doch von Emma erobert, zumindest emotional. Paula aber sieht sich zwischen den Stühlen, zwischen jungem Liebhaber und dem philosophierenden Ehemann. Am Ende verliert sie den einen an die Verlobte des anderen, den anderen an ihre Tochter, die zuletzt unglaublich erwachsen wird und nicht mehr nur an sich denkt. Tatsächlich sind Emma und Paula gegengesetzte Pole. Sie entwickeln sich im Roman komplett konträr und treffen sich auf der Selbstsüchtigkeit, von der aus die eine reift, die andere verzweifelt.

Ja, doch, die Liebe ist Hauptthema dieses Buches, sie erfüllt sich am Ende nur eben nicht für alle. Paulas Seitensprung rächt sich vielfältig. Es geht nicht nur darum, mit dem glücklich zu sein, was man hat, sondern darum mit sich selbst glücklich zu sein. Liebe und Beziehungen sind hier zweierlei, das eine geht über das andere hinaus.

Auch wenn man Verdammt er liebt mich durch Emmas Entwicklung als Adoleszensroman enttarnen könnte, steckt viel mehr dahinter. Ein Frauenroman, zugegeben, aber für Frauen, die mehr sehen als rosa Herzchen, auch in Büchern.

Schwachstellen sehe ich besonders bei Adrians Innensicht, die am Ende doch sehr abrupt von einer Geliebten zu nächsten wechselt, und dann doch in die Ferne. Als Frau aus Männersicht zu schreiben mag schwer sein, hier hätte etwas mehr Einfühlungsvermögen nicht geschadet. Auch ein Mann ist kein Fähnlein im Wind. Toll fand ich den frechen Stil und die klar ausgearbeiteten Charaktere. Auch die Entwicklungen der Figuren ist toll, denn heute entwickeln sich manche Hauptfiguren irgendwie gar nicht mehr.

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