The Wander Society – Keri Smith

179 Seiten hat Keri Smiths The Wander Society, das neu bei particula books erschienen ist.

The Wander Society ist mehr als nur eine Anleitung zum Wandern und Spazierengehen. Keri Smith befasst sich dabei mit einer Organisation, der sie auf die Schliche gekommen sein will. Wie viel literarischer Einfluss da mit rein spielt, steht vielleicht in den Sternen, gut gemacht ist die vermeintliche Aufdeckung einer geheimen Organisation, der so gut wie alle großen Menschen der letzten Jahrhunderte zugehörig erklärt werden, allemal.

Zunächst geht die Autorin darum auf diese geheimnisvolle Organisation ein, die sie durch Flyer und Poster entdeckt haben will, und an deren Fersen sie sich geheftet hat. Mit Beweisfotos gespickt ist das Buch damit weniger Anleitung zum Wandern, als eine Art reale Detektivgeschichte ohne Ende. Etwas Seriosität soll dann noch ein Fachmann in die Geschichte bringen, Professor J. Tindlebaum, der ganz wissenschaftlich auch auf den Spuren der Wander Society ist.

Dann erst, nach diesem Anreiz des geheimnisvollen und philosophisch-angehauchtem Hintergrunds zeigt Smith, was ihrer Meinung nach die Wander Society ausmacht, welche Vorzüge das Wandern hat und warum es wieder in Mode kommen sollte. Verweise auf „Wanderer“ hat sie dabei zuhauf. Gedichte Whitmans, Zitate von Adorno, kurz, sie schöpft aus dem Vollen. In seinem Vorwort legt Tindlebaum dann auch zurecht den Bezug zur Wandervogelbewegung, an die ich mich doch sehr erinnert fühle, wenn ich in dem Buch blättere.

Die Flucht vor dem Alltag ist nur ein Grund zum Wandern. Viel mehr geht es um das bewusste Wahrnehmen der natürlichen Umwelt. Kleinigkeiten, die sonst ungesehen verstreichen, kleine Funde, Zeichen, die sich die Wanderer gegenseitig auf ihren Wegen hinterlassen, ein Besinnen auf die Natur, auf den Moment, auf die Stille und die Langsamkeit. Ohne Ziel, einfach nur laufen, das ist nichts, was so einfach zu machen ist, dabei klingt es so leicht. Aber wir haben eben gern unser Ziel, wissen gern, wo wir ankommen. Und gerade auf alltäglichen Wegen geht doch schnell das Besondere unter, weil wir unseren Blick nicht darauf richten.

Wandern ist hier darum mehr als nur Spazierengehen. Es meint loslassen und neu finden, immer wieder, im Kleinen und Großen. Sich gekonnt langweilen und darum Körper und Geist ausfliegen lassen. Ein durch und durch romantischer Gedankenzug, der damals wie heute als Gegenbewegung (und sei es nur im Moment) zur hektischen, modernen Welt gesehen werden kann. Dass gerade diese Grenzen verschwimmen, wenn Smith auffordert, das Wandern digital zu dokumentieren, finde ich fast schon schade. Aus der Natürlichkeit wird der künstliche Verweis. Aus der Wanderbewegung eine virtuelle.

Die Anleitungen, geheimen Zeichen und Tips machen aus dem Buch zum Ende hin eine Einführung in die geheime Bewegung, die durch seine Existenz erst an Bedeutung gewinnt. Gut gemacht, medial in Szene gesetzt und eine nicht zu verachtende Bewegungsidee.

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