Söhne der Wölfin von Tanja Kinkel

Mit Blogg dein Buch habe ich dieses Mal einen historischen Roman gewählt. Söhne der Wölfin von Tanja Kinkel, erschienen mit 591 Seiten bei dotbooks, erzählt die Geschichte von Romulus und Remus und ihrer Mutter Ilian.
Ilian steht im Mittelpunkt dieser fast schon epischen Erzählung. Sie erwartet das Kind eines Gottes, doch keiner glaubt ihr. Stattdessen wird sie verbannt und einem Soldaten zur Frau gegeben, der fortan sein Leben wieder als Bauer verbringen darf. Nachdem sie ihre Zwillinge zur Welt gebracht hat, verlässt sie Mann und Kinder, denn sie hat einen Plan. Einen Plan, wie sie sich rächen will und einem ihrer Söhne den Thron verschaffen kann, der ihm zusteht, denn Ilian ist die Tochter des Königs, der von seinem Bruder vom Thron gestoßen wurde. Sie macht sich auf nach Griechenland und erbittet die Hilfe des Orakels von Delphi. Sie muss harte Prüfungen bestehen, in Ägypten als Sklavin sich selbst verkaufen, das Wissen einer Hure erlernen. An ihrer Seite ist stets Ulsna, der Mann und Frau zugleich ist. Schließlich kehr Ilian zurück und erkennt schnell, welches Potential im folgsamen Remus steckt, und welches im eifersüchtigen Romulus. Sie nimmt Remus mit sich und lässt ihn griechisch erziehen, während sie Romulus aus der Ferne mit Schriftrollen versorgt. Sie schürt seinen Hass gegen sie, denn sie glaubt, so würde er stark.
Das Ende der Geschichte ist jedem bekannt, der sich etwas mit der Mythologie auskennt. Interessant ist hier, wie in der griechischen Tragödie, der Weg zum Ziel. Ilian ist eiskalt, unberechenbar und doch heiß begehrt und mit einem faszinierenden Einfluss auf jeden, dem sie begegnet. Ihr Charakter reift dabei durchaus heran, hat sogar einen Moment des Erkennens der eigenen Grausamkeit. Dennoch ist sie kein liebeswerter Charakter oder eine Figur, mit der der Leser Mitleid haben kann.
Ähnlich ist es bei Romulus, der früh von starken, negativen Gefühlen geleitet wird und dabei stets glaubt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Im Grunde kommt er nie über das Stadium eines trotzigen Kindes heraus, während Romulus immer zu naiv bleibt, um die Realität ertragen zu können.
Da ich ein großer Mythen-Freund bin und mich selbst immer wieder gerne von ihnen inspirieren lasse, fand ich es sehr interessant, was die Autorin daraus gemacht hat. Ganz toll fand ich dabei das Interview, das dem Roman hinten angestellt ist, in dem Tanja Kinkel ihre Beweggründe erklärt.
Trotzdem war das Buch zeitweise langwierig zu lesen. Durch Ilians manipulierenden Charakter ist sie die Figur, die steuert, nicht die, die vom Schicksal herumgeschleudert wird. Dadurch verliert die Geschichte einiges an Dynamik. Alles scheint bereits am Anfang fest zu stehen und Ilians Plan fasst die Jahre mit ein, die es dauert, ihr Ziel zu erreichen. An einigen Stellen wird der Roman darum mehr berichtend, denn erzählend oder zeigend.
Die historischen Begebenheiten und Details fand ich dabei sehr interessant und gut dargestellt. Der Fokus liegt meiner Meinung nach etwas zu sehr auf der Stellung der Frau, was die Geschichte leicht zu einer Art Emanzipationsroman werden lassen könnte, was dann doch nicht gelingt, denn die Frau der Antike wird klar als unterdrückt und „gefangen“ beschrieben. Gut gewählt war dabei die Zerrissenheit des Barden Ulsna, der als Zwitter zwischen den Geschlechtern wählen kann.
Alles in Allem war das Buch sehr interessant und hatte seine Stärken, konnte mich aber auch nicht richtig in Begeisterung versetzen.

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4 Kommentare

  1. Hallo und guten Tag,

    hm, die Geschichte ist schon interessant, aber eine Seitenzahl von über 500 Seiten empfinde ich für so eine Geschichte immer etwas grenzwertig, weil man vieles ja schon kennt….

    LG..Karin..

    1. Liebe Karin,
      ja, viele Seiten können schon mal einschüchternd wirken. Aber bei einer guten Geschichte lesen sich 500 dann manchmal wie 200. Ich kann dein Bedenken aber verstehen. Die Autorin geht auf vieles sehr ausführlich ein, was einerseits gut ist, andererseits aber tatsächlich Distanz aufbaut und die Spannung so leicht vor sich hin dümpeln lässt. Ein paar Seiten weniger hätten vielleicht etwas mehr Handlung am Stück möglich gemacht.

  2. Eine sehr gute, präzise und auch kritische Rezension. Freut mich, wenn auch ehrlich geschrieben wird, wie hier…. Trotzdem war das Buch zeitweise langwierig zu lesen)….
    So kann man sich auch darauf einstellen….

    Danke für dein wunderschönes Lesezeichen und das tolle Spruchmagnet. Hängt an meinem Kühlschrank neben anderen Magneten. Meine kleine Enkelin (fast 15 Monate)spielt immer damit, während ich Essen koche. Sie hat es mit ihren kleinen Fingerchen so lange geschoben bis sie eine Kante fand, wo sie es abmachen konnte (war Schwerstarbeit).
    Danke und weiter so mit deinem Blog!
    LG Rose

    1. Liebe Rose, wenn manche Erwachsenen so hartnäckig wären wie kleine Kinder … 🙂

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