Nichts ist Okay! – Jason Reynolds & Brendan Kiely

Ebenfalls bei lovelybooks wurde ich auf Nichts ist Okay von Jason Reynolds und Brendan Kiely aufmerksam. Das Thema der Gewalt gegenüber schwarzer Jugendliche in Amerika fand ich sehr spannend und durfte bei der Leserunde mitmachen. 320 Seiten hat das Jugendbuch, erschienen dieses Jahr bei dtv in der Übersetzung von Anja Hansen-Schmidt.

Rashad wird beim Einkaufen von einem Polizisten des Diebstahls verdächtigt und brutal zusammengeschlagen. Erst im Krankenhaus kommt er wieder zu sich. Während er versucht, das Geschehen zu verstehen und einen Weg aus der Opfersituation zu finden, erlebt sein Mitschüler Quinn ähnliches. Er hat den Übergriff gesehen. Ausgerechnet der Bruder seines besten Freundes war der Polizist und nun muss Quinn sich fragen, was eigentlich richtig im Leben ist.

Ich war sehr gespannt auf das Buch, gerade durch den Untertitel Zwei Seiten einer Geschichte. Die Ernüchterung erfolgte dann bereits im ersten Teil des Romans sehr schnell. Rashads Sicht erklärt ihn eindeutig zum Nichts-Schuldigen und auch Quinn ist schockiert angesichts der Gewalt seines Bekannten. Der große Konflikt bleibt aus. In leichten Schritten erkennt Quinn, dass Gerechtigkeit wichtiger ist, als Freunde zu beschützen und Rashad entwickelt sich zum stilisierten Helden.

Ich hatte mir da einfach mehr erhofft. Beide haben ihre kleineren Momente. Etwa, wenn Rashads Vater, ehemaliger Polizist, erklärt, dass er auch einmal nur wegen des Aussehens den Falschen angeschossen hat. Oder wenn Quinn mit seiner Freundin darüber redet, dass Rassismus auch alltäglich sein kann und keine weißen Kapuzen braucht. Wenn die Lehrerin weint, weil sie ein Buch zum Thema Rassismus nicht lesen darf oder der Basketballtrainer alle Konflikte vom Spielfeld verbannt. Die Ansätze sind da, sind gut, könnten viel. Aber meist bleiben sie eben oberflächlich, nur Ansätze.

Auch der Stil konnte mich nicht packen. Fast schon gezwungen wirkte die Jugendsprache der beiden Ich-Erzähler. Aufgesetzte Lässigkeit, die sich dann doch schnell zurückzieht, weil das Thema zu ernst ist. Vielleicht kommen Jugendliche und Wenigleser da besser rein – mir hat das einfach nicht Er bleibt aber flüssig und gut zu lesen. Die Jugendsprache sticht sich nicht mit dem Rest.

Der Roman wertet die Geschehnisse des Übergriffs gleich zu Beginn. Es ist zu keinem Moment eine Frage, ob nun der Polizist oder Rashad im Recht waren. Das ist in jedem Fall eine klare und aus meiner Sicht richtige Botschaft, vereinfacht aber das Problem zu sehr. Außerdem nimmt es viel Spannung aus dem Buch. Rashad wird als Opfer und Held gefeiert. Wichtig finde ich dabei, dass im Buch selbst klar wird, welchen Einfluss die Medien darauf haben. Die erste Berichtserstattung ist es, die bereits klar stellt, dass die Gewalt nicht angemessen war, noch bevor in Frage gestellt wird, ob Rashad unschuldig ist.

Ich halte das Thema und damit auch das Buch durchaus für wichtig. Gerade darum habe ich mir aber mehr Tiefe und Konflikt gewünscht. Die moralische Sicht der Dinge wird an keiner Stelle angezweifelt und so fehlt gerade das, was der Roman eigentlich verspricht: die zweite Seite der Geschichte.

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