Madame Picasso – Anne Girard

Die Buchmesse, das Osterfest und ein zahnendes Baby haben Anne Girards Madame Picasso eine Zeit lang auf mich warten lassen. Nun habe ich es mir gegriffen und konnte nicht mehr aufhören. 478 Seiten hat die Geschichte um Picassos große Liebe mitten in Paris, erschienen im März beim Aufbau Verlag und dank LitVideo in meinen Briefkasten getrudelt.

Eva ist neu in Paris, nennt sich Marcelle und kommt dank ihrer Freundin an eine Anstellung als Näherin im Moulin Rouge. Durch Zufall trifft sie auf keinen anderen als Pablo Picasso und ist sofort von ihm angetan. Auch er ist von der unschuldigen und selbstsicheren Frau angezogen. Es kommt wie es kommen muss, sie verbringen eine Nacht miteinander. 1911 in Paris aber keine Kleinigkeit. Noch dazu ist Picasso seit Jahren liiert, wenn auch nicht verheiratet. Ein Auf und Ab der Gefühle beginnt, in der Picasso und Eva nicht nur aneinander, sondern auch immer wieder an sich selbst zweifeln. Und selbst, als sie endlich zueinander gefunden haben, steht schon das Schicksal bereit.
Zuerst habe ich leicht die Stirn gerunzelt. Der Stil ist zu Beginn relativ einfach, die Namen werden oft wiederholt. Schnell aber ist klar, dass dies Absicht ist. Je mehr sich Eva in Paris zurecht findet, umso mehr ziehen Geschichte wie Stil den Leser (oder in meinem Fall die Leserin) mitten ins Geschehen. Picassos Leidenschaft wie Evas Ängste, beides ist greifbar. Die Liebesgeschichte aus beiden Blickwinkeln zu erfahren macht sie dabei umso glaubhafter, näher und einfach schöner.
Wunderschön ist auch das Paris des Romans. Die neuen Moden etwa, der Bob, zu dem Eva überredet wird, die Künstler der Belle Epoche. Da möchte ich kleine Literaturwissenschaftlerin eintauchen, mich in Gertrude Steins Salon verstecken und einfach nur zuhören, bestaunen, dabei sein. Der erste Weltkrieg dann, der am Rande von Evas Erkrankung im Roman auch nicht zu viel Raum haben darf, spiegelt dennoch Evas inneren Kampf wieder, ist erschreckendes Mahnmal und zeigt hier keineswegs die deutsche Kriegseuphorie, sondern die pure Angst derjenigen, die zurückbleiben.
Besonders bewegend ist für mich, dass sich im Roman Dichtung und Wahrheit vermischen, die reale Liebesbeziehung zwischen Picasso und Eva literarisch (sozusagen) vertont wird und daraus eine einfühlsame, wie realitätsnahe Geschichte entsteht. Faszinierend ist auch der Einblick zu Pablo Picasso selbst, den Bildern und Inspirationen. Da die Autorin gut recherchiert hat und gerade hier nicht einfach nur erfindet, ist es eine eindrucksvolle Möglichkeit, wie Picasso zumindest manchmal gedacht oder gefühlt haben könnte.
Madame Picasso ist deswegen nicht einfach ein Liebesroman, sondern ein Künstlerroman gleichermaßen, ein historischer Roman, der nicht etwa verklärt oder abschweift, sondern einen verschwommen Blick in die Vergangenheit gewährt. Absolut lesenswert. Es hat mich glatt weg begeistert.

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1 Kommentar

  1. Hallo,

    also mir gefällt schon mal das Cover sehr es wirkt so leicht und beschwingt.

    Auch wenn Deine Ausführung zum Buch eher das Gegenteil andeuten.

    Guten Start ins Wochenende..LG..Karin..

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