Gespräche am Freitag

Kaum ist der Tag halb vergangen, habe ich zwei sehr interessante Gespräche geführt mit zwei sehr unterschiedlichen Menschen. Zum Frühstückstee sprach ich mit Claus-Georg Nolte, der in meinem Deutsch Leistungskurs saß, über sein politisches Engagement. Gleich darauf traf ich mich mit Anni Mathes, einer Mundartdichterin, im Hof des Hotels zur Kanne. Da ich das Interview mit Claus für face2face führte, das Gespräch mit Anni für das Schifferstadter Tagblatt, wird hier nichts über die beiden Texte stehen. Mir ist vielmehr eine erstaunliche Gemeinsamkeit der beiden aufgefallen.

Reden und Handeln

Der junge Politiker kritisierte, dass in unserer Gesellschaft viel zu viele meckern, ohne auch nur einen Finger rühren, um etwas zu ändern. Anni kam auf dasselbe Problem zu sprechen. Sie ist sogar aus einer Literaturgruppe ausgestiegen, weil dort eine Ehepaar, das stets nur bemängelte, ohne etwas zur Veränderung zu leisten. Solche Menschen mag sie nicht. Solche Menschen mag auch Claus nicht und mal wirklich, wer mag die schon? Viel wichtiger ist die Frage aber, wer von uns gehört eigentlich dazu? Claus und Anni nicht, dafür sind sie zu bewundern. Die wenigsten Menschen haben den Mut, auch etwas zu verändern, denn Veränderungen stehen nicht immer für Verbesserungen. Wer sagt uns, dass die neue Ordnung besser ist als die alte? Wie viel müssen wir von uns fordern, bis wir etwas verändern können und wann können wir von uns sagen, etwas verändert zu haben?

Meine beiden unterschiedlichen Gesprächspartner beschreiten diesen Weg auf zwei möglichen Wegen. Claus ist engagiert, bei den Falken ist er regelmäßig dabei, sieht gerade in der Kinder- und Jugendarbeit die Chancen für die Zukunft. Er handelt, wirkt und motiviert. Anni sind Kinder auch sehr wichtig, doch sie arbeitet auf anderer Weise. Ihr Metier sind die Worte und das Selbstbewusstsein. Sich treu sein, heißt ihre Devise. Vielleicht arbeitet sie dabei auf einer egoistischeren Ebene als Claus, doch sie ist genauso bereit in einer Gemeinschaft mitzuwirken und dort ihren Standpunkt zu vertreten.

Klein anfangen

Seitdem überlege ich, ob ich von mir sagen kann, zu handeln, statt zu meckern. Die besten Trainer sitzen beim Fußball bekanntlich auf der Couch vorm Fernseher, die besten Literaturkritiker haben noch nie Goethe gelesen. Geben wir‘s ruhig zu: Meckern fällt uns allen leicht. Aber es reicht nicht. Auch wenn ich nicht politisch aktiv bin, kann ich versuchen, etwas zu bewirken. Im Elternbeirat des Kindergartens meines Sohnes, im Journalismus, im Schreiben. Immer, wenn ich mutig genug bin, meinen Mund aufzumachen und zu meiner Meinung zu stehen. Auch wenn es meinen Mitmenschen nicht gefällt. Neben denen, die die großen Schritte machen müssen noch immer die stehen, die mit vielen kleinen Schritten etwas bewirken.

Dazu fällt mir eine Hausarbeit ein, die ich zu dem Seminar „Phantastische Gegenwelten der Kinder- und Jugendliteratur“ geschrieben habe. Mein gewähltes Thema war Michael Ende, genauer: Die Schildkröten in seinen Werken. Jeder kennt die kluge Kassiopeia, die Momo zu Meister Hora führt. Einige erinnern sich an die uralte Morla, die Atréju aufsucht, um zu erfahren, wie er das Nichts besiegen kann. Und manch einer wird sich an Tranquilla Trampeltreu erinnern, die Schritt für Schritt ihren Weg zur Hochzeit des Sultans geht, und irgendwie zu einem ganz neuen Ziel kommt, ohne je vom Weg abgekommen zu sein. Unsere Ziele ändern sich, weil wir uns verändern. Wichtig ist nur, dass wir nicht aufhören, danach zu streben. Claus und Anni machen vor, wie man zu seinen Überzeugungen steht und vielleicht bin auch ich irgendwann so selbstsicher wie die beiden.

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