Eine Rose im Zug nach Mannheim

Eben hatte ich ein schönes Erlebnis. Nur kurz und doch blieb es haften, verschönerte meinen Tag ungemein und ich will es euch nicht vorenthalten.

Der Zug nach Mannheim war weder leer noch voll. Kein Wunder, um halb elf fahren nicht mehr viele. Ich selbst eigentlich auch nicht, aber ein kleines Trödelproblem heute morgen hat mir eine gewissen Verspätung eingebracht. Tatsächlich war für mich sogar noch ein vierer Platz komplett frei. Mit dem runden Bauch stehe ich nicht gern im fahrenden Zug und bin auch froh, wenn ich die Tasche bequem neben mich stellen kann, statt vorne auf meine Knie (auf dem Schoß selbst ist nicht mehr genug Platz) oder auf den Boden zwischen meine Beine (wobei das Bücken manchma unangenehm werden kann). Ich war also schon einmal froh, einen guten Platz gefunden zu haben, und zuversichtlich, dass nicht allzuviele Zustzeiger bei den nächsten Stationen kommen würden.

Auf dem Viererplatz mir gegenüber saß ein Vater mit zwei großen Taschen und ein kleines Mädchen, das mit seinem Teddy spielte. Ich blickte ein wenig verstohlen hinüber. Einerseits mag ich es selbst ja nicht, wenn mein Kind dauernd unter Beobachtung steht- außer von mir natürlich^^ – andererseits sehe ich so gerne einem Kind beim unbeschwerten Spielen zu. Da wird man gleich sorgenfreier.

Der Vater hatte mich auch gesehen, und scheinbar nicht erst, als ich mich hingesetzt hatte. Er wühlte in seinen Taschen, zog eine frische Orange hervor, nahm aus einem Rosenstrauß, der oben auf der zweiten Tasche lag, eine kleine Rose und gab beides seiner Tochter. Er raunte ihr etwas zu und zeigte auf mich. Tatsächlich kam die Kleine zu mir hinüber, lächelte ein verlegenes Kinderlächeln und drückte mir beides in die Hand. Ich konnte gerade noch „Danke“ sagen, da huschte sie auch schon zu ihrem Vater zurück. „Sie brauchen jetzt viele Vitamine“, meinte er noch und deutete auf die Orange und ich musste lachen und nicken.

Da war der Moment auch schon wieder vorbei, denn bei der ersten Station stiegen die beiden wieder aus.

Was war jetzt so besonders? Irgendwie nichts und irgendwie alles und gerade das macht es aus. Viele Menschen fragen mich „wie geht es dir“ mit einer Stimme, die vermuten lässt, ich läge nahezu auf dem Totenbett. Sie tätscheln mir die Schultern und ich kann es oft nur gerade so verindern, dass sie auch noch den Bauch tätscheln (da bin ich eigen, das mag ich einfach nicht, das ist immerhin mein Bauch, hach…). Doch so eine freundliche Geste eines Fremden ist mir weder in dieser noch in meiner ersten Schwangerschaft begegnet. Ich habe das auch noch nie beobachtet. Vielmehr fühle ich mich oft wie eine Kuriosität, an der zwar jeder teilhaben will, die betrachtet wird, wie ein Tier im Zoo, doch auf so einfache Gesten kommt scheinbar keiner.

Umso schöner, dass ein kleines Mädchen mit einer Orange und einer Rose im Zug nach Mannheim so viel mehr zustande bringt.

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