Die vergessenen Träume von Ellen Sussman

Als Buch, das in meine Traumurlaubsland spielt kam mir Die vergessenen Träume von Ellen Sussman, das mit seinen 320 Seiten genau vor einem Jahr bei Limes veröffentlicht wurde, gerade recht.
Jamie ist zurück in Bali, ein Jahr, nachdem sie bei einem Bombenanschlag in einem Nachtclub ihren Freund verloren hat und selbst verletzt wurde. Und ein Jahr, nachdem sie im Chaos des Anschlags Gabe kennengelernt hat, den seine ganz eigenen Schicksalsschläge nach Bali geführt hatten. Eine unausgesprochene Verbundenheit zwischen den Beiden hatte sie die ersten Tage nach dem Anschlag überstehen lassen. Doch ist Jamie jetzt bereit für Gabe? Und ist Gabe bereit für Jamie?
Das Buch ist keineswegs als plumpe Liebesgeschichte zu verstehen. Zum Glück. Jamies Suche nach Gabe in Bali ein Jahr nach den Anschlägen ist der Rahmen. Eingefasst davon wird Gabes Geschichte zum Anschlag selbst und die gemeinsame Zeit, die beiden ermöglicht hat, ihre inneren Wunden zu lecken. Auch die Rahmenhandlung geht reflexiv stark auf das Geschehen innerhalb dieser Zeit und der Anschläge ein, so dass dieses Trauma klar im Vordergrund steht. Noch einmal konzentriert wird das Spiel mit den unterschiedlichen Zeiten durch Gabes eigene, traumatische, Vergangenheit.
Auch der Stil geht auf die unterschiedlichen Betrachtungsweisen ein. Nicht nur der Tempus ändert sich von Rahmenhandlung zur bereits vergangenen Innenhandlung, auch wird die Sprache poetischer, unmittelbarer und dadurch mitunter auch etwas wirrer. Der Abstand der Figuren zum Geschehen fehlt, was aber auch dafür sorgt, das eine unglaubliche Nähe zu den Protagonisten hergestellt wird und gerade die entscheidende Passage sehr gelungen wirkt.
Durch die Distanz, die Jamie in nur einem Jahr bereits gewonnen hat – was anhand ihrer Geschichte etwas unglaubwürdig ist – ist die Rahmenhandlung, die in der Gegenwart spielt, allerdings weniger mittelbar. Gerade der erste Teil des Romans, in dem Jamie auch sich selbst gegenüber nicht ehrlich ist, hat es da schwer und besticht vor allem durch die vielen neuen Eindrücke. Etwas besser wird es am Ende, wenn die Handlungsstränge zusammenkommen und auf ein gemeinsames Ende hinsteuern.
Schön finde ich, dass Bali in seiner Ambivalenz gezeigt wird, Armut und Schönheit, Weltoffenheit und Gefahr. Obwohl durch den einheimischen Gastgeber viel Kultur dargestellt werden könnte, bleibt der Roman hier aber sehr vage, deutet mehr an und kommt selten zum Punkt. Viel mehr wird die Landschaft als anziehend dargestellt. Neben dem Gastgeber sind die meisten auftretenden Personen Ausländer, die es irgendwie nach Bali verschlagen hat, was den Hauch von Multikulturalität hat, aber auch zeigt, wie fremd eben doch die Kultur im Roman bleibt.
Die vergessenen Träume ist eine schöne Geschichte, aus einer persönlichen Krise heraus, einem schrecklichen Erlebnis auf mehreren Ebenen, wieder zur Hoffnung und einem glücklichen Ende. Auch wenn dabei nicht alles so glaubwürdig ist, wie es sein könnte, geht es letztlich um das Wiederaufsteigen. Die traumhafte Naturkulisse ist dabei ein schöner Hintergrund, aber auch nicht mehr. Als Urlaubsbuch gut geeignet.

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