Die Star Trek Physik – Metin Tolan

Kindheitserinnerung

Ich tappe abends aus meinem Zimmer, alles dunkel, Stimmen aus dem Wohnzimmer. Leise schleiche ich mich an, spähe um die Ecke. Der Fernseher flimmert. William Shatner alias Captain James T. Kirk wirft sich heroisch durchs Bild. Die Enterprise wird angegriffen.

Meine Mutter liebt die Serien, die das Star Trek Universum zu bieten hat noch immer. Und ich kenne sie alle. Viele verstehen die Zitate nicht, wenn ich sie verwende. Viele schauen mich schräg an. Es ist nicht leicht, ein Mädchen in einer Kleinstadt zu sein und sich in Star Trek und Star Wars auszukennen. Mein Mann versteht mich! Und mit der Neuauflage der Star Trek Filme mit einer genialen Besetzung lernt auch meine Generation Captain Kirk noch einmal ganz neu kennen.

Das Buch

Mehr als genug Gründe, warum ich an Die Stark Trek Physik auf der Buchmesse letztes Jahr nicht einfach vorbei gehen konnte! Ich habe gleich die netten Menschen am Piper Stand angesprochen und obwohl das Buch sich scheinbar etwas auf seiner Reise zu mir verirrt hatte (es konnte ja leider noch nicht gebeamt werden), kam es an und ich habe mich darauf gestürzt. Vielen Dank an den Verlag und seine Geduld. Metin Tolan, Professor für Experimentelle Physik an der TU Dortmund, hat die 352 Seiten mit dem Untertitel Warum die Enterprise nur 158 Kilo wiegt und andere galaktische Erkenntnisse geschrieben.

Alles Quark?

Die Grundlage ist simpel. Wie physikalisch ist Star Trek überhaupt? Immerhin nähern wir uns dem 23 Jahrhundert, von dem dort immer die Rede ist, immer mehr an. Wir sprechen mit Cortana, Siri und Alexa, unsere Autos parken selbst, wir nutzen schnurlose Minicomputer und wissen, wie es auf dem Mars aussieht. Wie viel ist also dran an der Idee des Beamens, dem Warp-Antrieb, den Replikatoren und den vielen außerirdischen Rassen. Auf diese Fragen sucht Metin Tolan Antworten und geht dabei sehr akribisch vor, immer mit der Prämisse, dass Star Trek korrekte physikalische Angaben macht. Die ist natürlich mal mehr und mal weniger ernst zu verstehen. Humor hat das Buch, nicht nur gegen Ende, wenn der Autor schreibt: „Das wollen wir nicht näher diskutieren, da es gegen grundlegende Prinzipien verstößt und eindeutig Physik erfordert, von der wir noch nicht einmal wissen, dass wir sie nicht wissen.“

Ist also alles Quark, was die Enterprise uns zeigt? Mitnichten. Und hier wird es richtig interessant. Zum einen fand ich es extrem Spannend mehr über die Serie und ihre Entwicklung zu erfahren. Wichtige Infos liefert das Buch hier am Anfang, aber auch immer wieder zwischendrin. Dass das Beamen nur erfunden wurde, weil Shuttlelandungen zu kostspielig in ihrer filmischen Umsetzung gewesen wären beispielsweise. Und wie sich der Erfolg einer Serie, die erst keiner zeigen wollte, so umfassend durchsetzen konnte. Dann aber kommt der Autor zu seinem eigentlichen Thema, der Physik und ich war hin und weg.

Ordnung im Chaos?

Nah an verschiedenen Episoden der unterschiedlichen Star Trek Serien zeigt Metin Tolan verschiedene Annahmen des Star Trek Universums auf. Dabei geht er von einer gemeinsamen physikalischen Grundlage aus, die real von den verschiedenen Drehbuchautoren wahrscheinlich nicht ganz so eingehalten wurde. Dennoch ist diese Prämisse zur Erörterung der Physik natürlich unumgänglich. Beispielsweise wenn es an den Warp Antrieb geht und das Buch ein Schaubild zeigt, dass die Geschwindigkeit zu den unterschiedlichen Warp-Stufen zeigt. Und tatsächlich zeigen sich da Gesetzmäßigkeiten und Regeln. Ob das nun zeigt, dass Ordnung in jedem Chaos zu finden ist oder es tatsächlich eine Grundlage für die Ideen in Star Trek gibt bleibt eine ungestellte Frage.

Machbarkeit und Grenzen!

Wie nah die Möglichkeiten der Enterprise an die heutige Physik herangehen, ist wirklich erstaunlich, aber auch, wo die Grenzen sind. So oft Metin Tolan auch gesteht, dass die physikalischen Prinzipien durchaus da sind, allein die Umsetzung (noch) nicht gelingt, so klar wird er auch an Punkten, die nach unsere Physik nicht möglich sind oder bei schlichten Fehlern in der Serie. Dass das Buch dafür Raum hat, zeigt, dass es mehr ist, als ein Büchlein für Trekkies. Und es zeigt, wie wichtig der Originalton ist, denn mehr als einmal sorgt eine schlampige Übersetzung für Fehler. Etwa wenn Spock die Anzahl der Triffles in einer Getreidekammer berechnet und eine Zahl nennt, die im Englischen auf eine einfache Regel zur Errechnung von Populationen beruht und exakt ist, im Deutschen aber eine Ziffer falsch übersetzt wurde und die Zahl somit falsch wäre.

Neben den Anekdoten aus den Star Trek Serien zeigt das Buch aber vor allem eines: Physik, die Spaß macht. Denn auch wenn die Grundfrage vielleicht die Suche nach Warp-Antrieb etc. ist, befasst sich die Star Trek Physik mit realer Physik, mit künstlichen Herzen und Speichergrößen. Es nimmt die Frage nach der Machbarkeit der Serie in der Realität und zeigt dann, was unsere Physik kann. Ein großer Spaß, Wissen und Erstaunliches. Einfach toll.

Eine weitere Rezension findet ihr bei Elementares Lesen

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2 Kommentare

  1. Als Star Trek Fan seit den 80er Jahren wollte ich schon immer mehr über die Physik wissen. Manche Begriffe wie das Wurmloch habe ich in meine eigenen SciFi-Geschichten übernommen. Danke für den Tipp, werde mir das Buch besorgen. — Harry

  2. Vielen Dank fürs Verlinken! Mich hat es beeindruckt, wieviel Mühe sich die Macher gaben, die Physik möglichst korrekt darzustellen. Und das Tolle ist ja, dass ScienceFiction schon immer Wissenschaftler inspiriert hat. Wer weiß, was in Zukunft alles möglich sein wird!

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