Der Schattenlehrling – Boris Koch

Noch vom Welttag des Buches habe ich Der Schattenlehrling von Boris Koch mit 292 Seiten hier liegen gehabt und beim Einpacken für den Umzug entschieden, das Buch noch vorher zu lesen. Immerhin wird es auf dem Buchrücken als „Mischung aus Fantasy und Science Fiction“ angepriesen, und wir haben ja die Fantasy-Fee zu Gast.
Zunächst: Wirklich phantastisch ist wenig an dem Roman. Einfach das Vorkommen von Magie und Fabelwesen reicht mir jedenfalls nicht, wenn deren Vorkommen wissenschaftlich erklärt wird. Im Buch gab es einen Zeitpunkt, der bereits lange in der Vergangenheit liegt, an dem mystische Wesen real wurden und nahezu alle nun als Regel in der Welt vorkommen. Orks, Elfen, Magie, alles ist dabei. In erster Linie ist Der Schattenlehrling aber ein „Science Fiction“ Roman.
Boris ist 13 und hat keine Lust mehr auf das allzu sichere Leben als Konzernmitarbeitersohn. die Bequemlichkeiten hängen ihm zum Hals raus, die vorgeordneten Wege, die Regeln und Bestimmungen engen ihn ein, bestimmen alles. Selbst die Abendessenzeit wird vom Regelwerk vorgeschrieben, an das sich seine Eltern halten. Boris will da raus, am liebsten in die Schatten, die Welt, die ihm in virtuellen Sendungen
angepriesen wird. Eine Reise nach München ist da die Gelegenheit. Kurzerhand plündert er den väterlichen Safe und rennt in die Nacht hinaus. Dass er dabei ausgerechnet einen „Credstick“ erwischt hat, der geheime Daten enthält, weiß er nicht. Auf seiner Flucht trifft er die drei „Runners“ Theseus, Key und Cinque, denen er Geld anbietet, wenn sie ihn ausbilden. Da die drei mehr schlecht als recht über die Runden kommen, nehmen sie das Angebot schnell an und Boris bekommt einen neuen Namen. Um dem neugierigen Zahler auch etwas zu bieten, nimmt die Gruppe einen Auftrag von einem gewieftem und skrupellosem Auftraggeber an. Als der Auftrag schief läuft, rennt Boris abermals weg, direkt in die Hände jenes Auftraggebers, der sich als Hersteller illegaler Filme entpuppt. Seine Freunde erfahren da, dass Boris wegen des „Credsticks“ gesucht wird und beschließen, den Jungen zu retten.
Was als Adoleszenzgeschichte beginnt, entwickelt sich zum Thriller, bei dem nur der Leser alle Puzzleteile zusammenfügen kann. Die Hintergründe bleiben für die einzelnen Figuren unerkannt. Indem der Erzähler scheinbar personal bleibt und jeweils nur einzelne Figuren begleitet, bekommt der Leser auch nicht alle Informationen auf einmal, sondern nach und nach. Die Mischung macht’s in dem Fall. Der Roman ist wirklich gelungen und spannend. Die einzelnen Elemente werden nicht einfach zusammengepresst, sondern wirkungsvoll zusammengesponnen.
Etwas fade fand ich dagegen die Erzählungen, die immer mal wieder eingefügt werden. Etwa wenn Theseus die griechische Mythe nacherzählt. Erstens klingt es gezwungen umgangssprachlich und zweitens ist es ein Füllstück, dass der eigentlichen Geschichte nichts beizusteuern hat. Solche Stellen gibt es noch ein paar mal. Das nimmt Spannung und hindert den Fluss der Geschichte.
Der Roman hat einiges zu bieten, da er keine Zukunfts-Klischees bedient und sich weiterentwickelt. Wer der eigentliche Held ist, bleibt dem Leser überlassen. Der weiterentwickelten Technologie ist nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Platz eingeräumt und das eigentliche Übel liegt weniger in den neuen Möglichkeiten, als vielmehr in den altbekannten Lastern wie Gier, Skrupellosigkeit und Machtmissbrauch. Trotz der kleinen Schwächen gut zu lesen und zu empfehlen.

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