Das Jahr, in dem sich Kurt Cobain das Leben nahm – Jessie Ann Foley

Gestern habe ich Das Jahr, in dem sich Kurt Cobain das Leben nahm beendet. Der Jugendroman von Jessie Ann Foley hat durch BloggdeinBuch den Weg auf meinen SuB gefunden. Bei Lübbe ONE von Bastei Lübbe ist die deutsche Übersetzung von Susanne Klein mit ihren 300 Seiten erschienen.

Maggie zieht 1993 mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester von Chicago nach Irland. Kein Traum für eine Jugendliche. Am meisten vermisst sie ihren Onkel Kevin, der ihr Bücher und Musik empfiehlt. Ihre Mutter Laura aber ist auf Kevin nicht gut zu sprechen, den Kevin ist ein Verlierer wie er im Buche steht. Er wohnt mit Mitte zwanzig noch bei seiner Mutter, ist drogenabhängig und nicht gerade der ideale Umgang für ihre Tochter. Da trifft Maggie in Irland auf Eoin, der sie das Heimweh vergessen lässt. Doch dann ändert sich alles und Kevins letzte Botschaft an seine Nichte wird wegweißend für Maggies Leben.

Ein unbeschriebenes Blatt

ff8cb57fe68a44c8a22e0f83bbfb122e-front_cover-khlbyp5sjg7qqMaggie ist keine typische Jugendliche. Sie vermisst ihren Onkel mehr als jede Freundin und hat es auch nicht eilig, neue Freundschaften zu schließen. Sie ist aber auch kein Mauerblümchen. Pickelabdecken, Ausgehen, die Welt erleben – das sind keine Fremdworte für sie. Dadurch entspricht Maggie nicht dem Klischee einer jugendlichen Protagonistin. Viel mehr ist sie ein unbeschriebenes Blatt. Ihre Stimmung schwankt wild, ihre Hormone spielen verrückt, sie zeichnet sich durch wenig aus. Zumindest am Anfang.

Doch so wie Maggie Irland lieben lernt, lernen wir sie kennen. Ein Mädchen, das gerne einen fast Hundertjährigen besucht, um seinen Geschichten zu lauschen, aber auch um einfach bei ihm zu sein. Eine junge Frau, die mit ihrer Mutter auf eine ganz andere Art unzufrieden ist, als dass es alltäglich wäre. Eine Heldin, die bereit ist, für einen Augenblick Musikmagie gegen alle Regeln zu verstoßen. Maggie lernt Eoin kennen und spürt eine Sehnsucht nach Spiritualität, nach einem unerschütterlichen Glauben.

Neue Religionen

Diesen Glauben findet sie aber nicht in der Religion, die ihr trotz Nonnenschule fremd bleibt, sondern in Musik und Wort. Sie begibt sich auf eine sehr spezielle Wallfahrt und erfährt die Welt auf eine ganz neue Art und Weise. Dieser Weg ist nicht leicht, sondern droht immer wieder vergebens zu sein. Ein jugendlicher Ehrgeiz, aber auch die Kraft, die sie spürt, weil eigentlich mehr als nur eine wichtige Person an ihrer Seite steht. Das Jahr, in dem sich Kurt Cobain das Leben nahm ist eine so anschauliche und realistische Adoleszenzgeschichte, dass ich sie ohne zu zögern jedem Jugendlichen in die Hand legen würde.

Maggies Entscheidungen basieren nicht auf Rebellion oder Leichtsinn. Sie ist ein sehr vernünftiger Mensch, der sich en Veränderungen des Ichs durchaus bewusst ist – und nicht immer glücklich damit. Maggie erfährt sich im Laufe des Buches immer wieder neu und erfährt auch, wie sie nicht sein will. Sie geht ihren Weg und macht dabei Fehler, um geläutert zu werden und am Ende die größte Entscheidung von allen zu treffen: Wer will sie sein und wie will sie leben.

Musik und Sprache

Die Musik ist elementar im Buch. Immer wieder gibt es Verweise auf Lieder, Texte und Melodien. Vor allem geht es aber auch um die Gemeinschaft der Konzertbesucher, der Trauernden. Jene ungeschriebene Gemeinsamkeit, die Sprachen überwindet, Länder, Zeiten. Aber auch Literatur bietet die wichtigen Querverweise in Das Jahr, in dem Kurt Cobain sich das Leben nahm. Kevin hat eine Leseliste für seine Nichte erstellt, aus der ich zu gerne eine ‚Lesechallenge‘ machen würde. Das geschriebene Wort, der gelesene Text übersteht und umfasst diese Buch genauso, wie die gespielte und gehörte Musik. Die Lieder zum Buch gibt es übrigens im Internet zum Nachhören.

Viel mehr als eine Liebeserklärung an Nirvana und die fast schon religiöse Verzerrung Cobains ist dieses Buch ein Buch über das Leben und die Ichwerden. Maggie findet sich auf ihrer Suche nach ihrem Onkel. Und sie erkennt wann die Zeit für Vernunft gekommen ist, wenn der Leichtsinn sich gelegt hat, auch wenn dieser Schritt Unglück mit sich ziehen kann. Im Grunde also ist Maggie viel klüger als die meisten Menschen, die ich kenne. Dass ihr das nicht bewusst ist und sie sich einfach verzweifelt IHREN Platz im Leben sucht, macht sie so liebenswert und realistisch. Ein Buch über das Leben, die Jugend, die Liebe. Vor allem aber ein Buch über das Menschsein.

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6 Kommentare

  1. Das Buch bzw. die Geschichte um und mit Maggie hört sich ja toll an. Zwar war ich nie ein Kurt Cobain-Fan aber nur von der MenschSeite her. Die Musik war und ist klasse. In Verbindung mit dem Buch da reinzuhören finde ich aber interessant. Vielleicht kann man dann doch eher zu dem Mensch Kurt finden als ’nur‘ zu dem Musiker.
    Liebe Grüße und eine schöne Lesezeit
    Kasin

    1. Lieber Kasin,
      Cobain spielt im Roman eher peripher eine Rolle. Maggie will auf ein Nirvana Konzert und es gibt ein paar Parallelen zu Maggies Onkel Kevin. Eigentlich geht es eher um das Lebensgefühl und die Musik.

  2. Hey Eva-Maria
    Schön, dass dir das Buch so gut gefallen hat.
    Für mich war es leider ’nur‘ eine nette, kurzweilige Geschichte, aber leider nicht mehr. Trotz tollem Setting in Irland blieb mir Maggies Schicksal zu sehr an der Oberfläche. Nur gut, dass Bücher immer Geschmackssache sind 🙂
    lg Favola

  3. Liebe Eva-Maria,

    ich habe Deine Rezi jetzt nicht komplett gelesen, da das Buch noch auf meinem privaten SuB liegt und ich mich unfassbar darauf freue, seit ich es zum ersten Mal in einer Vorschau gesehen habe. Aber so ganz ohne Kommentar wollte ich meinen Besuch hier dann doch nicht lassen 😉

    Liebe Grüße,
    Jess

    1. Hallo Jess, dann wünsche ich dir ganz viel Spaß mit dem Buch. Lass es nicht zu lange warten 🙂

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