Das geniale Gedächtnis – Hannah Monyer und Martin Gessmann

Das geniale Gedächtnis war einer der Titel von Knaus, auf die ich mich im Vorfeld sehr gefreut habe. 256 Seiten hat die Neuerscheinung der Heidelberger Wissenschaftler Hannah Monyer und Martin Gessmann.

Das geniale GedächtnisUm den Bogen zwischen Neurobiologie und Philosophie was das Gedächtnis betrifft, wurde dieses Buch geschrieben. Denn unsere Erinnerungen wirken sich nicht nur auf unsere Gegenwart aus, sie erzeugen das Bild, das wir von uns selbst haben, bestimmen unsere Träume und neben Einfluss auf unsere Zukunft. Nicht zuletzt ist der Verlust des Gedächtnisses auch immer der Verlust der eigenen Identität. Diesen Punkten gehen auch die Autoren nach. Sie erklären, wie unser Gedächtnis funktioniert, warum es beispielsweise Erinnerungen, die mit Düften verknüpft sind besonders gut speichert, oder inwiefern unsere Träume tatsächlich etwas über unsere Zukunft aussagen können. Mit fachlichem Wissen und alltäglichen Beispielen machen sie dabei Vorgänge greifbar, die sonst wohl nur in der Neurobiologie zu Hause sind.

So gespannt ich auf dieses Buch war, so enttäuschend war der erste Eindruck. Gerade das erstes Kapitel hat mich wenig packen können. Der Stil war der eines Wissenschaftlers, der fast zwanghaft versucht, „einfach“ zu schreiben. Dass zwischendurch mit Frequenzen im Herz-Bereich auch noch klare Daten beigefügt wurden, hat den allzu gelehrten Geschmack nur verstärkt. Auch der Einstieg zum Kapitel zu den Träumen hat sich für mich gezogen, weil der Stil einfach schleppend war, so fundiert und klar auch der Inhalt überzeugen konnte.

Der erste Eindruck ist aber immer nur das: ein erster Eindruck. Bereits im Traum-Kapitel wird es besser. Dass hauptsächlich ein Film hier als Beispiel herangezogen wird mag an der guten Anschauung in Bezug zum Thema liegen, ich hätte mir aber etwas mehr Varianz gewünscht. Der Stil aber wird hier viel lockerer, nicht mehr so voller Daten, sondern stattdessen wirklich erklärend, statt nur aufzeigend. Einfach nicht mehr so trocken, wie noch zu Beginn.

Als dann auch die Sozialwissenschaft Einzug hielt und das kulturelle Gedächtnis Thema wurde, war ich richtig gefesselt. Mit passenden und guten Beispielen erklären die Autoren hier, was gemeint ist, wieso und warum der Begriff geschaffen wurde und auch, wo Probleme dabei auftreten können. Dieser reflexive Blick auf das Thema hat mir gut gefallen, weil er gerade nicht unumstößlich ist, sondern Raum für eigene Meinungen lässt.

Die anthropologischen Einwürfe haben mir auch gut gefallen und auf manches ein neues Licht geworfen. Auch wenn das Thema des Gehirntrainings meiner Ansicht nach nur ansatzweise wirklich aufgenommen wurde hat gerade der Abschluss, in dem es um den Verlust des Gedächtnisses ging noch einmal sehr lesenswerte Einsichten beinhaltet. Gerade weil es hier nicht mehr so voller Daten und Fakten war, sondern das Gedächtnis nicht nur als etwas Biologisches, sondern – ich möchte fast sagen – Seelisches angesehen wird. Das hat mich dann doch wieder versöhnt.

Das geniale Gedächtnis ist durch seine fachliche Basis besonders für Leser geeignet, die sich sehr für die Thematik interessieren, oder bereits biologische Vorkenntnisse haben.  Das Sachbuch wirf neue Erkenntnisse zum Gedächtnis bei und vereint Ansichten aus Biologie und Philosophie, sowie noch Einiges darüber hinaus und ist so vielleicht kein Hit, aber doch ein interessantes Werk zu einem der erstaunlichsten und alltäglichsten Gegebenheiten unseres Lebens. Das geniale Gedächtnis.

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