Das Baby – Mensch ohne Geschlecht?

Da geht es mir momentan ja wie Nils von Pinkstinks. Das dritte Kind bereitet sich auf seine Geburt vor und jeder, der mit mir über die Schwangerschaft oder die Geburt redet fragt unwillkürlich: „Und, wisst ihr schon was es wird?“

Ein rosa Elefant? Oder vielleicht doch eine quietschgelbe Gummiente? Ein Baby will ich hoffe, menschlich noch dazu. Den Rest erfahre ich noch, Mutmaßungen gibt es viele. Aber niemand schafft es, das arme Kind zu mindest bevor es geboren ist, mit geschlechtstypischen Assoziationen in Verbindung zu bringen. Spitzer oder runder Bauch ist da das kleinste Anzeichen. Meine wie immer einnehmende Schwangerschaftsübelkeit deutet den einen auf ein Mädchen, das nun nächsteraubende Sodbrennen ist anderen nicht nur ein Indiz für Haare auf dem Babykopf, sondern auch gleich, dass es ein Junge wird. Das Kind, das im Gegensatz zu den beiden zuvor geborenen (Junge und Mädchen) eher ruhig ist, wird deswegen als sanftes Mädchen entpuppt, während meine Haut nicht mehr so trocken ist und dafür nur ein Junge verantwortlich sein kann, denn Mädchen klauen ja ihren Müttern die Schönheit, während Jungs sie so richtig strahlen lassen.

Bei so unterschiedlichen Argumenten und der Tatsache, dass ich weder mit Gelüsten dienen kann, noch mit irgendwelchen eindeutigen Anzeichen (gibt es die überhaupt?? – nö, aber egal) bekomme ich entweder Zwillinge (bis jetzt ist da nur ein Fötus zu sehen) oder mein Baby darf sich auch nach der Geburt noch aussuchen, ob es lieber Junge oder Mädchen ist (zumindest möglich). Mir ist das ganze ziemlich egal. Die Entscheidung wurde getroffen, ehe ich wusste, dass ich schwanger bin, und mein Anteil daran ist stets der Gleiche, egal ob Mädchen oder Junge, denn als Frau verfüge ich nunmal über kein Y-Chromosom. So gesehen, ist das tatsächlich Sache des Mannes, nur kann der auch schlecht Einfluss darauf nehmen, welcher Schwimmer nun als erster die Zielinie erreicht. Alea iacta est und ich kann es ohnehin nicht ändern.

Zumal ich aus der Erfahrung sagen kann, dass Geschlechtsorgane für die wesentlichen Elemente der Eltern-Kind-Beziehung unwichtig sind. Es ändert nichts daran, dass der Popo sauber gemacht werden muss und Gründlichkeit hierbei wichtig ist, so oder so. Es ändert nichts am nächtlichen Stillen, an Kinderkrankheiten oder der Freude über das erste Wort. Mein Sohn wollte immer die Mama seiner Babybären sein, meine Tochter liebt ihre Autos, mein Sohn wünschte sich mit 4 ein rosa Zimmer, seine Schwester ist fasziniert von Blau. Babys ist es egal, ob sie in rosa Kleidchen oder blauen Stramplern stecken und nach durchwachten Nächten, wenn das letzte Still-Hemd auch Milchflecken hat, ist es mir sowas von egal, was das Kind an hat.

Dass es extra rosa Lego für Mädchen und rosa Babyflitzer, rosa Bälle, rosa Überraschungseier gibt, verstört mich, denn der Pink-Cadillac ist vielleicht Kult, rosa Autos sehe ich auf der Straße aber eher keine. Anstatt unser Kinder also einfach mal Kinder sein zu lassen (das mit dem geschlechterspezifischen Denken kommt in Kindergarten und Schule leider trotzdem), quetschen wir sie kaum, dass sie auf der Welt sind, in farblich sortierte Schubladen – und auch schon davor.

„Ist mir ehrlich egal“, sage ich darum, wenn ich nun schon fast täglich gefragt werde, was ES denn nun wird. „Ich habe schon beides und lass mich einfach überraschen.“ So lange brauch ich damit ja auch nicht mehr zu warten. Und ob jetzt die Kindergartenerzieherin andächtige Prognosen erstellt und meint, es würde bestimmt ein Mädchen oder die Nachbarin erklärt, ich könne nur einen Jungen bekommen, das Kind kann und wird sich davon nicht beeinflussen lassen. Es ist was es ist – und das ist auch gut so. Damit haben ich und mein Mann sogar schon die Kinder angesteckt. Wer unseren Sohn fragt, was er lieber hätte, antwortet der nur: „Ach, ist mir egal.“ Und das macht mich schon etwas stolz.

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