Blogtour – Frau Kassel will Wunder (2)

Huhu. Na, überrascht? Dieses Mal bin ich tatsächlich zweimal für die Blogtour am Start. Morgen schon werden die Gewinner ausgelost. Bisher habt ihr alles zum Buch bei Nadja und einiges über Scharlatane bei Hjördis gelesen, bei mir einen Überblick zu alternativen Heilmethoden bekommen und Beate hat erzählt, was die Diagnose Krebs für das Umfeld der Erkrankten bedeutet. Gestern hat Nadja den Unterschied zwischen Heilpraktiker und Arzt beleuchtet. Und heute? Heute gibt es bei mir ein spannendes Interview mit Autorin Ulrike Schwieren-Höger.

Schreibtrieb: Liebe Ulrike, du sprichst ein ernstes Thema an und gehst sehr gewandt damit um. Meine beiden Großväter hatten Krebs, ich bin da also emotional kompromittiert. Wie ist dir Krebs schon begegnet, dass du dich an so einen Roman herangewagt hast?
Ulrike: Ich bin Betroffene. Vor ein paar Jahren ging für mich die Welt unter. Damals habe ich die Erfahrung gemacht, dass es mir geholfen hat, mich selbst zu engagieren und nicht alles einfach den Ärzten zu überlassen. Dabei habe ich vieles ausprobiert. Die Suche hat mir Kraft gegeben, denn ich habe mich nicht mehr so ausgeliefert gefühlt. Diese Erfahrungen habe ich zu einer spannenden Geschichte verarbeitet. Sie ist fiktiv, wirft aber ein Schlaglicht auf viele Fragen, die sich Patienten stellen, und sie macht Mut, einen eigenen Weg zu suchen – zusätzlich zur medizinischen Therapie. Das ist mir wichtig: Ich würde niemandem abraten, einen Arzt aufzusuchen, ich glaube aber, man sollte darüber hinaus Dinge suchen, die man für sich selbst als heilsam empfindet.

Schreibtrieb: Das ist ja wirklich ein sehr persönlicher Zugang. Neben Geistheilung und anderen spirituellen Methoden geht es in deinem Buch um Wiccas, eine Art Hexenkult. Wie stehst du zu dieser Lebensansicht?
Ulrike: Die Wiccas praktizieren eine Naturreligion. In Ritualen verbinden sie sich mit den vier Elementen, sie feiern die Jahreszeiten und meditieren über das Leben. Ihre Überzeugungen wurzeln in einer Zeit, in der unsere Urahnen begonnen haben, die Rhythmen der Jahreszeiten in Festen und Ritualen zu feiern und sie sehen sich als Bewahrer uralten Wissens. Die Hexenverfolgung hat uns gelehrt, das Wort Hexe negativ zu besetzen. Das halte ich für falsch. Nicht nur „Die kleine Hexe“ von Otfried Preussler oder Bibi Blocksberg sind fröhliche, gute Hexen. Viele im Mittelalter als Hexen verschrieene Frauen waren Heilkundige, die z.B. Kräuter erforschten und anwandten. Ich selbst praktiziere diese Methoden nicht, halte es aber für sehr interessant, sich mit dieser Lebensform einmal zu beschäftigen.

Autorin Ulrike Schwieren-Höger

Schreibtrieb: Es klingt schon so, als wäre Glaube in deinem Leben sehr wichtig. Ist die mentale Kraft, die durch den Glauben ausgelöst wird, wirklich solch ein starker „Placeboeffekt“?
Ulrike: Ja. Das wird derzeit sogar intensiv von der Wissenschaft erforscht, z.B. an der University of Alabama. Jeden Morgen nehmen die Patienten dort Pillen, die nur Zucker enthalten, also nach menschlichem Ermessen keinerlei Wirkung entfalten. Sie leiden an den Spätfolgen einer Krebserkrankung, sind müde und hoffen ebenso wie ihre Ärzte, mit dieser Therapie die Symptome beseitigen zu können. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Die „Welt am Sonntag“ zitiert den Placeboforscher Robert Jütte mit dem Satz: „Das Thema ist aus der Schmuddelecke raus.“ Fest steht, dass beim Patienten eine Besserung erreicht werden kann, wenn der Arzt ihm ein Medikament mit dem einfachen Satz verschreibt: „Dieses Mittel könnte ihnen helfen.“ Der Glaube hilft also. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass der Patient an die Möglichkeit seiner Heilung glaubt. Aus diesem Grund beschäftigt sich der Roman in berührenden Szenen mit der Frage, was Gedanken und Glaubenssätze – seien sie gut oder schlecht – in unserem Leben bewirken. Das geht weit über das Thema Krankheit hinaus.

Schreibtrieb: Viele Menschen leben, auch wenn sie gesund sind, nach so vielen Normen und quasi selbst auferlegten Regelungen mehr vor sich hin, als dass sie verschiedene Wege ausprobieren und dabei auch mal Wagnisse auf sich nehmen. Wo siehst du da das Problem oder gibt es vielleicht gar keines?
Ulrike: Doch, es gibt ein Problem. Wer sich immer nur nach anderen richtet und niemals etwas wagt, kann nicht sein ganzes Potential entfalten und schöpft nicht aus seiner vollen Energie. Das kann das Immunsystem schwächen und anfälliger für Krankheiten machen.

Schreibtrieb: Wir sind nicht alle gleich, und unsere Körper reagieren unterschiedlich auf Substanzen, Heilmethoden und Umfeld. Ist vielleicht die Schulmedizin auch nur durch den Glauben an die „belegten“ Stoffe so erfolgreich geworden und damit nicht weniger willkürlich als andere Methoden?
Ulrike: Die Schulmedizin hat den Vorteil, dass sie versucht, systematisch zu erforschen, welche Mittel und Methoden zur Heilung führen können. Allerdings werden oft nur Teile des Körpers in Augenschein genommen und es wird selten ganzheitlich behandelt. Ich glaube, für Krebspatienten ist es sehr wichtig, dass nicht nur der Körper, sondern auch Geist und Seele in die Behandlung einbezogen werden.

Schreibtrieb: In unserem Alltag geht es uns oft so gut, dass wir unser Glück gar nicht mehr sehen. Was hälst du von der These, dass nur Unglückliche das Glück erkennen?
Ulrike: Da ist etwas dran. Es ist zum Beispiel ein großes Glücksgefühl, von einer Nachuntersuchung zu kommen, die keine Krankheitssymptome zutage gebracht hat. Ich glaube aber, auch wenn wir gesund sind, müssen wir uns klar machen, dass Glück immer in den kleinen Dingen liegt. Ich versuche deshalb so oft wie möglich, die kleinen Glücksmomente zu sehen und zu spüren: Ein kühler Wind am Morgen, Sonne nach heftigem Regen, das erste Schneeglöckchen, das Lächeln eines Fremden in der Straßenbahn, die Freude über die eigene Kreativität. Alles schöne Augenblicke, die bestenfalls sogar Schlüsselmomente sein und unser Leben ändern können. Tief zu empfinden ist dabei ganz wichtig, wichtiger noch als das Erlebnis selbst.

Schreibtrieb: Unser natürliches Urvertrauen wird in der medialisierten und globalisierten Welt immer wieder auf die Probe gestellt. Was kann uns deiner Meinung nach helfen, unsere Umwelt und uns selbst wieder besser zu vertrauen?
Ulrike: Ich finde das auch schwierig und fürchte, da gibt es nur einen Weg: Wir müssen uns zumindest zeitweise von der Nachrichtenflut fernhalten. Mein Mann hat eine gute Therapie: Wenn ich jammere über die Schrecken der Welt, über Nachrichten von Krieg und Verbrechen, fragt er mich: Und was hast du heute an Gutem gehört? Meistens ist es sehr viel. Ich habe mir daraufhin angewöhnt, abends ein paar Stichworte zu notieren, die wirklich nur die schönen Erlebnisse festhalten. Meinen mittlerweile drei Enkelkindern gebe ich vor allem einen Rat: „Die Welt ist voller kleiner und großer Wunder. Sucht danach. Jeden Tag. Und wenn ihr Probleme habt, denkt daran: Alles ist besser, als aufzugeben und zu resignieren.“

Schreibtrieb: Neben Glauben ist auch Mut eine wichtige Eigenschaft, sich gegen den Rat eines Experten zu entscheiden. Genauso wie zur Entscheidung, ein Buch zu veröffentlichen viel Mut gehört. Oder etwas nicht?
Ulrike: Du hast völlig recht. Aber das erkenne ich eigentlich erst jetzt. Es hat mich gedrängt, diesen Roman zu schreiben, weil ich mitteilen wollte, dass man nicht aufgeben sollte und dass es sinnvoll sein kann, sich zusätzlich zur medizinischen Behandlung auch mit alternativen Methoden und verrückten Ideen zu beschäftigen, weil dieser Weg den Blick weitet und wegführt von Selbstmitleid und Leiden ohne Hoffnung. Aber jetzt, da der Roman veröffentlicht ist, bin ich nicht sicher, wie ich damit umgehen soll. Ich merke, es steckt sehr viel Persönliches und Intimes in diesem Text. Dies jetzt veröffentlicht zu sehen, ist gewöhnungsbedürftig.

Schreibtrieb: Vielen Dank, liebe Ulrike, für diese persönlichen und ausführlichen Antworten zu einem ganz intimen Buch!

 

Gewinnspiel:

Gewinnt eines von fünf Printexemplaren von Frau Kassel will Wunder, indem ihr hier einen Kommentar hinterlasst. Wenn ich auch bei den anderen reinschaut, könnt ihr jeweils noch ein Los ergattern (ein Los pro Tag).

Die Gewinnspielfrage für heute lautet: Welche Erfahrung habt ihr mit dem Placeboeffekt gemacht?

Die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist ab einem Alter von 18 Jahren möglich. Falls Du unter 18 Jahre alt sein solltest, ist eine Teilnahme nur mit Erlaubnis des Erziehungs-/Sorgeberichtigten möglich.
Der Versand der Gewinne erfolgt nur innerhalb Deutschland, Österreich und Schweiz, wobei der Rechtsweg hier ausgeschlossen ist. Für den Postversand wird keinerlei Haftung übernommen.
Eine Barauszahlung der Gewinne ist leider nicht möglich.
Als Teilnehmer erklärt man sich einverstanden, dass die Adresse an die Autorin/ an den Autor oder an den Verlag im Gewinnfall übersendet werden darf und man als Gewinner öffentlich genannt werden darf.
Jede teilnahmeberechtigte Person darf einmal pro Tag an dem Gewinnspiel teilnehmen. Mehrfachbewerbungen durch verschiedene Vornamen, Nachnamen, Emailadressen oder einem Pseudonym sind unzulässig und werden bei der Auslosung ausgeschlossen.
Das Gewinnspiel wird von CP – Ideenwelt organisiert.
Das Gewinnspiel wird von Facebook nicht unterstützt und steht in keiner Verbindung zu Facebook.
Das Gewinnspiel endet am 9.1.2015 um 23:59 Uhr.

Empfohlene Artikel

4 Kommentare

  1. Guten Morgen,
    ein tolles Interview einer vor allem mutigen Autorin. Bzgl. Placeboeffekt kann ich nur von mir behaupten, dass ich für bestimmte Symptome/Schmerzen Schüsslersalze seit ca. 2 Jahren einsetze und wirklich daran glaube und seitdem kein „chemisches“ Schmerzmittel mehr gebraucht habe. Ich denke allerdings, es hänvt auch von der Intensität der Schmerzen ab. Im Krebsfall bei unserem Familienmitglied und zwar unheilbar hat es anfangs gut funktioniert, allerdi gs sind derzeit die Symptome, Schmerzen erheblich stärker, so dass der Glaube sehr wacklig geworden ist.
    Liebe Grüße Bettina

  2. Hey,

    ich glaube, dass Placebo hilft. Bei mir merke ich eher den gegenteiligen, den sog. Nocebo-Effekt. Wenn ich nicht glaube, dass ein Medikament hilft, dann hilft es mir auch nicht.

  3. Welche Erfahrung habt ihr mit dem Placeboeffekt gemacht?

    Ich appelliere immer an meine Selbstheilungskräfte, nehme auch ab und an Schüssler Salze und Globoli. Chemische Medikamente nehme ich nur im Notfall, lehne oft auch Spritzen gegen Schmerzen ab. Ich höre dann lieber eine EntspannungsCD, mache Progressive Muskelentspannung oder gehe in die Infrarot-Sauna (haben wir im Keller). Durch die Autosuggestion bei Unruhe, Angstgefühlen und meinen Fibromyalgie-Schmerzen bewirken ich oft einen Placebo-Effekt. In wie weit die Globoli oder Schüssler-Salze dazu beitragen kann ich nicht so genau beurteilen.

    Ein tolles Interview. Danke und ein schönes Wochenende.
    LG Rose

  4. Hallo ,

    Tolles und interessantes Interview .
    Ich habe keine Erfahrung dem Placeboeffekt gemacht.
    Ich wünsche Dir schönen Abend 🙂

    Liebe Grüße Margareta

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Consent Management Platform von Real Cookie Banner