Avi und das Weihnachtsnaschen

Avi ist der kleine Held vieler meiner Geschichten für Kinder, ein kleiner Milchvampir, der mit seinen drei Jahren schon ganz groß ist und darum auch versteht, was manche Erwachsenen nicht sehen. Heute als Auszug eine kleine Geschichte von Avi, der eigentlich David heißt:

Es ist Mitte August. Avi kommt gerade mit seiner Mutter vom Schwimmen. Lange hatte er mit seiner Cousine Tanja gespielt, doch nun ist er schon müde. Aber Mama muss noch etwas einkaufen, denn sie will zum Abendessen Bratwürstchen mit Kartoffelbrei machen. Das isst Avi gerne, fast so gerne, wie er Milch trinkt.
Schnell setzt sie deswegen ihren kleinen Jungen vorne in den Kinderwagen. Das mag Avi gar nicht so, lieber rennt er durch die Gänge und schaut, was er alles finden kann. Heute ist er aber ja schon müde, also ist er brav und schaut nur von seinem Sitz durch den Supermarkt.
Da sieht er, nahe der Kasse, ein paar Regale mit Schokolade und Süßigkeiten. Aber das sind nicht irgendwelche Süßigkeiten, das sind Weihnachtsnaschereien.
Ein bisschen kann Avi sich noch an das letzte Weihnachten erinnern. Mama war ganz aufgeregt und auch ein bisschen zickig, Papa hatte einen großen Baum aufgestellt und Avi wollte unbedingt mit einer der hübschen Kugeln spielen, die dort hing. Das war leider eine dumme Idee. Ehe er sich versah, war die Kugel auf den Boden gefallen und zersprungen. Da hat Papa dann erst einmal mit ihm geschimpft. Und sogar Mama hat ein böses Gesicht gemacht. Aber dann konnten sie ihm doch nicht lange böse sein.
Am Weihnachtsabend schließlich, als Oma und auch die andere Oma und Opa dagewesen waren, ja sogar Tante Katrin und Onkel Paul waren mit Tanja gekommen, gab es etwas leckeres zu essen, Avi durfte Geschenke auspacken und schließlich wollte er gar nicht ins Bett. Ganz heftig hat er mit dem Kopf geschüttelt, als Mama ihn fragte, ob er Milch und dann ins Bett wollte. Da mussten alle lachen.
Aber das ist schon lange her. Nun ist es noch Sommer und Avi glaubt, dass es an Weihnachten kalt war. Wieso stehen da noch Weihnachtssüßigkeiten?
Gerade kommt Mama mit einem Paket Kartoffeln. Schnell fragt Avi sie danach.
„Mama, da is Wainachtsnaschen. Warum?“
Erstaunt dreht Mama sich um und erblickt die Regale mit Naschereien. Sie fängt an zu lachen und schüttelt den Kopf. Doch das mag Avi nicht. Er wird böse, denn er denkt, sie lacht ihn aus.
„Mama nis lachen!“
Mit einem Grinsen dreht Mama sich zu ihm um und gibt ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Ach, Avi. Die Leute glauben, sie verkaufen mehr davon, wenn sie es ganz früh raus legen. Dabei habe ich im Moment noch gar keine Lust auf Weihnachten.“
Avi runzelt die Stirn. Das versteht er nicht.
„Mama, da is Wainachstnaschen!“
Jetzt nickt Mama ernst, da weiß Avi wenigstens, dass sie ihn nicht auslacht. Aber was jetzt los ist, versteht er immer noch nicht. Mama seufzt und schiebt den Einkaufswagen zur Kasse.
„Wir kaufen jetzt nichts davon. Kein Weihnachtsnaschen. Erst im Winter, zu Weihnachten. Denn Weihnachten wird nicht durch Naschereien oder Dekorationen zu Weihnachten, sondern wegen des ganzen Gefühls. Weißt du noch, wie schön es war, als wir alle beim Weihnachtsbaum saßen?“
Avi überlegt und nickt dann. Daran kann er sich erinnern. Die vielen Kerzen haben geleuchtet und alle haben geredet und gelacht. Das hat ihm gut gefallen.
„Das ist Weihnachten, und dann kaufen wir Weihnachtsnaschen.“
Damit ist Avi einverstanden. Schon ist er mit Mama am Auto angelangt, und während sie noch die Einkäufe einräumt, nickt Avi schon weg und träumt friedlich von Weihnachten und dem Gefühl dabei.

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