5.12 – Leitfaden für Weihnachten

Was ist das eigentlicht, dieses ominöse Fest, das uns von allen Plakatwänden her verfolgt? Ihr wollt es wissen? Euch zurechtfinden zwischen Lametta und Weihnachtsgans?  Hier gibt es den ultimativen Leitfaden für Weihnachten:

  1. Offiziell feiern die Christen die Geburt Jesu Christi. Falsch gerechnet vor 2013 Jahren wurde dem frisch vermählten Paar Maria (hochschwanger) und Josef, als diese gerade zur Volkszählung in Bethlehem waren. Weil die Beiden furchtbar spät dran waren und die Herbergswirte alle Angst hatten, Marias Fruchtblase platzt über dem frischgelegten Mahagonifußboden oder in der schwer zu reinigenden Seidenbettwäsche, wollte keiner die beiden aufnehmen. Josef hätte aber auch besser früh gebucht. Um nicht unter freiem Himmel zu schlafen, legten die beiden sich schließlich wie Landstreicher in einen Stall – manche meinen auch ein Wirt hätte die beiden eben zu dem Stall geschickt, aber wer weiß das heute schon noch. Natürlich gingen Marias Wehen bei dem Stress los und nach Stunden, in denen Josef sich mehr als einmal überlegte, ob er noch irgendwie aus der Sache raus käme, schrie der kleine Jesus zum ersten Mal. Weil nun aber sein Vater eben nicht der Zimmermann Josef war, sondern Gott selbst, sandte er seine Engel aus, die den Hirten auf der Weide eben mal schnell sagte, wer da eben die erste Windel seines Lebens an hat. Warum ausgerechnet nur die Hirten, die um den Stall ihre Schafe weideten, Bescheid gesagt bekommen haben, aber sonst keiner, ist auch nicht ganz klar. Immerhin kamen dann noch drei weise Kerle aus dem Morgenland, einer von denen brachte mit seiner Hautfarbe sogar die nötige ethnische Mischung in die Geschichte. Weil diese drei Kerle (die übrigens am 6.1 ihren ganz eigenen Feiertag haben) kostbare Geschenke mitgebracht hatten (Gold, Myrre und Weihrauch), gibt es an Weihnachten Geschenke. Soviel zum Offiziellen Teil.
  2. Inoffiziell geht um ein Dutzend anderer Sachen. Ja, klar, um Liebe und Hoffnung. Um Familie und Freunde. Pustekuchen. Es geht um Geschenke. Und nicht etwa, um die, die man bekommt. Sondern vielmehr um die, die man verschenkt. Je mehr, desto besser, je teurer, desto aufsehenerregender. Niemand will sich lumpen lassen für die, die man liebt und zu lieben hat. Nicht umsonst wird für die Kinder unserer Welt jedes Jahr mehr Geld ausgegeben, um sie zu begeistern. Leuchtende Kinderaugen, genau das ist es. Bis das Kinderzimmer überquillt. Wo unter Erwachsenen manchmal die Nichts-Schenken-Regel gilt, zählt bei Kindern nur: Mehr, mehr und noch mehr. Die Eltern bekommen eine kleine Aufmerksamkeit, ein neues Foto, ein gutes Buch, die Geschwister schon mehr, doch bei den Kleinen darf Geld keine Rolle spielen.
  3. Neben den Geschenken ist wenig so wichtig, wie das Essen. Da kommt man doch zusammen, da wird geredet, getrunken und eben: gegessen. Am besten den Tag vorher nichts, denn da wird einiges aufgetischt. Bei manchen wird traditionell Wiener mit Kartoffelsalat gereicht – nichts für mich. Hier gibt es Jahr für Jahr Weihnachtspute, bei meiner Oma sogar Gans. Anderswo gibt es Fisch, Schweinebraten oder eine andere Leckerei. Aber beim Hauptgang bleibt es nicht. Salat oder Suppe oder sogar beides, als Vorspeise, Eis, Cremé Brulet oder etwas ähnlich Dekadentes als Nachtisch. Nicht zu vergessen die Schokolade und Weihnachtsplätzchen, die nach den Festtagen irgendwie sinnlos sind. Und auch beim Essen ist die Devise weniger ist mehr fehl am Platz. Ein Weihnachtsessen, bei dem nicht viel zu viel übrigbleibt, ist kein Weihnachtsessen. Maßvolle Maßlosigkeit.
  4. Weihnachten ist das Fest der Liebe und Besinnlichkeit? Joah, ähm, …, neee, oder? Tatsächlich wird an Weihnachten gestritten wie sonst selten. Grund dafür ist schon allein die Vorannahme, das Fest müsste friedlich und besinnlich sein. Ein falsches Wort kann da schon die Stimmung ruinieren. Beispiel: Mama rennt die ganze Zeit zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her, um alles rechtzeitig fertig zu haben. Papa, der davon ganz hibbelig wird, raunt ihr also zu, sich doch auch mal zu setzten. Da tickt Mama aus, weil sie doch nur so stresst, damit alles perfekt wird und er eh nicht wirklich zu helfen scheint, wo auch noch seine nörgelnde Mama mit prüfendem Blick wieder viel zu früh gekommen ist. Oder: Die Schwester nötigt die anderen mal wieder mit ihrem Drang, im Mittelpunkt zu stehen, und erzählt von irgendwelchen alten Geschichten, wo doch alle nur auf das neue Enkelkind schauen. Schwester macht eine abfällige Bemerkung und schon sind alle sauer auf sie, denn – mal ehrlich – das Kind kann doch nichts dafür. Fettpfannen gibt es an Weihnachten so viele, ihr werdet bestimmt die richtige für euch finden.
  5. Alles hat ein Ende, auch Weihnachten. Am Ende des Tages ist doch alles überstanden, der Stress hat sich gelegt. Der Baum steht noch, die Geschenke sind ausgepackt und alles ist irgendwie gut gegangen. Im nächsten Jahr erinnern wir uns nur noch an die schönen Momente, in denen dann doch alle irgendwie zusammensaßen, redeten, lachten, sich freuten und den Moment genossen. Wir hassen Weihnachten. Und es gibt wenig, was wir lieben, wie Weihnachten.

In dem Sinne: Frohes Fest.

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