(11.12) Stadt der verschwundenen Köche – Gregor Weber

Um dieses Buch bin ich eine ganze Zeit herumgeschlichen, ehe ich mich entschieden habe, es zu lesen. Die Stadt der verschwundenen Köche von Gregor Weber, erschienen im September mit 352 Seiten bei Knaus, verspricht als „Steampunk“-Roman schon, etwas ganz Anderes zu sein. Das zauberhafte Titelbild und mein wachsendes Interesse haben mich dann doch verleitet.

Stadt der verschwundenen KöcheCarl Juniper ist Schiffskoch und genötigt auf einem alten Kahn anzuheuern, der prompt untergeht. Als einziger überlebt Juniper, nur von einem Meeresstrudel erfasst zu werden. Doch plötzlich ist er nicht mehr im Ozean, sondern prallt auf den harten Boden des Greenwich Parks in London. Dort stellt er fest, dass alles sich verändert hat. Kinder werden vom Staat erzogen, Arbeiter ackern stupide vor sich hin und Essen gibt es nicht mehr, nur noch Einheiten, ein angerührter, geschmackloser Brei. Erst als Juniper in eine geheime Küche stolpert findet er den Genuss und seine Lebensfreude wieder und trifft obendrein die Liebe seines Lebens. Aber Köche sind zu einem Leben im Untergrund verdammt und stets in der Gefahr, entführt zu werden.

Ein Leben ohne Essen, ein Leben ohne Kochen, ohne Geschmack und Genuss. Gerade zur Weihnachtszeit klingt das für mich so furchtbar wie einleuchtend. Neid und Ehrgeiz wird gleichermaßen unterdrückt, der Mensch selbst zu nicht mehr als einer Einheit gemacht, die produzieren soll. Eine Erlösung, ein Etwas, auf das hingearbeitet wird, gibt es in dieser Welt nicht. Die Arbeiter bekommen von der Oberschicht nichts mit und stellen auch keinerlei Fragen. Sie haben das Nachdenken selbst schlicht vergessen.

Und ausgerechnet ein Schiffskoch, der sich Zärtlichkeiten bei Hafenhuren sucht und gerne mal einen über den Durst trinkt landet in dieser Welt. Diese Mischung aus Seemann und eben auch nicht Seemann, denn Juniper hat vom Seefahren selbst keinerlei Ahnung, macht ihn bereits zum Zwitterwesen. Genauso die Leidenschaft für das Meer und der stille Traum, irgendwann irgendwo mit einer Frau sesshaft zu werden. Von Anfang an, so kam es mir vor, wandelt Juniper zwischen den Welten, was die Reise in die zweite Welt nur verdeutlicht.

Denn auch dort kommt Juniper nach anfänglichen Schwierigkeiten ganz gut zu Recht, findet sich ein in den Alltag aus Arbeit, Tageskarten und den immer gleichen Einheiten. Er lebt und lebt doch nicht. Das Entdecken der Küche ist wie ein Erwachen für ihn. Eine Bestätigung, dass er sich sein bisheriges Leben nicht nur eingebildet hat, eine Art Wiedergeburt, als Mensch und als Koch. Und als Liebender.

Die zwei Welten sind hier gleichzeitig getrennt und doch verwoben. Der Zugang durch das Gefühl des Ertrinkens und durch das Wasser selbst ist im Grunde das einzige fantastische Element. In der Parallelwelt, die genauso gut eine Zukunftsvision sein könnte, arbeitet alles mit Dampf, Elektrizität existiert nahezu nicht. Die Luft beißt und die vielen Fabriken erinnern an die industrielle Revolution. Darin ist Juniper, hier wir dort, zwischen seinen Erinnerungen und denen seiner Umwelt gefangen, gehört nirgends ganz dazu und sucht sich doch immer einen Platz – über das Kochen.

Dabei lässt der Erzähler durchblicken, dass er durchaus in der Lage wäre, die entscheidende Frage des Endes zu beantworten, ist er doch nur scheinbar personal und driftet hier und da zu anderen Personen ab, wirft neue Erzählstränge auf, die ohne Ende bleiben, und erschafft ein Mysterium, das den Leser noch lange nach der letzten Seite beschäftigt. Das Ende ist, wie vielen an dem Roman, reine Ansichtssache, dem fantastische positiven oder realistisch nüchternem Blick des Lesers überlassen.

So gelungen dies auch ist und so sehr mich die Geschichte gefesselt hat, bleiben Ungereimtheiten und Leerstellen, diese kleinen Momente der Irritation, die dieses gute Buch von einem brillanten trennen. Vielleicht eine große Stärke des Romans aber am Ende eben auch seine Schwäche. Dennoch lege ich das Buch allen, die gerne lesen und leben, gerne kochen und genießen, gerne in andere Welten abtauchen, ohne gleich Vampirzähne sehen zu wollen, ans Herz. Es ist es wert, gelesen zu werden.

Bestimmt seid ihr schon gespannt, was es heute zu gewinnen gibt. Nein, nichts zu essen, aber etwas für den Genuss der anderen Art. Den Lesegenuss. Vor allem den ungestörten. Der fabelhafte Moses Verlag unterstützt dieses Jahr meinen Adventskalender mit einem wunderschönen Buchumschlag, in den ihr euren Lesespaß hüllen könnt. Ideal für den Rucksack, denn so kann dem Einband des Buches nichts passieren. Und toll, wenn ihr im Zug (oder sonst wo) mal wieder ein gutes Buch lesen wollt, ohne neugierige Blicke auf das Titelbild. Schreibt mir einfach in euren Kommentar, was für euch Genuss bedeutet und schon seid ihr im Lostopf.

– Das Gewinnspiel läuft bis zum 11.12.2015 um 23:59 Uhr.
– Die Gewinner werden per Losverfahren ermittelt.
– Nur Teilnehmer mit Wohnsitz in der EU
– Teilnahme ab 18, oder mit Erlaubnis der Eltern
– Keine Barauszahlung des Gewinns.
– Kein Ersatz beim Verlust auf dem Postweg.
– Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
– Persönliche Daten werden nur für das Gewinnspiel verwendet und anschließend wieder gelöscht.

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6 Kommentare

  1. Hallo und guten Morgen,

    das Buch habe auch schon bei anderen Bloggern entdecken dürfen, aber eigentlich nicht so richtig beachtet. Jetzt durch Dich, kommt es aber in ein ganz, neues und interessantes Licht.

    Genuss bedeutet für mich….. z.B. eine ganze Tafel Schokolade zu verputzen…einfach weil mich darauf gelüstet und ich mache mir dann auch keine Gedanken um mögliches Hüftgold…..

    LG..Karin…

  2. Guten Morgen 🙂
    Das Buch klingt ja mal vielversprechend, kommt auf meine Wunschliste.

    Genuss bedeutet für mich, v.a. Zeit zu haben. Ich genieße die seltenen Tage ohne Verpflichtungen, Termine, ganz für mich allein und so gestaltet, wie ich es gerade mag 🙂

  3. Hallo zusammen,
    mit Genuss verbinde ich natürlich auch leckeres Essen oder Süßigkeiten, Kuchen etc. Es aber auch ein Genuss ein gutes Buch zu lesen, schöne Musik zu hören oder einen tollen Film anzuschauen. Man kann es denke ich sehen wie man es mag.
    Ich wünsche euch einen schönen Tag.
    Gruß Verena

  4. Danke für die Rezension, sie hat mich für den Kauf bestärkt..
    Das Buch hatte ich schon in Augenschein genommen, um es für meine Schwiegertochter zu kaufen. Neben arbeiten, kochen und Beschäftigung mit der Tochter, bleibt immer noch ein wenig Zeit zum Lesen.

  5. So nun noch meine Gedanken zu Genuss.
    Das bedeutet für mich, sich Zeit für alle schönen Dinge (auch für mich selbst) zu nehmen. Dazu gehören:
    Bücher lesen, im Garten arbeiten, sich bewusst erholen, gute Musik hören, eine leckere Süßigkeit oder Essen bewusster zu sich nehmen.Mit mehr Aufmerksamkeit (auch einmal die Welt mit Kinderaugen sehen) und weniger Stress und Hektik den Tag bewusst erleben.

  6. Hallo,

    Für mich Genuss bedeutet eine Tasse Kaffee zu trinken
    und gemütlich ein Buch zu lesen oder Musik zu hören .
    Ich springe gern in den Lostopf.

    Liebe Grüße Margareta

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